Fahrt ins selbstbestimmte Leben
Über das Donauwörther Haus der Stiftung St. Johannes hat eine junge Frau nach und nach zu mehr Selbstständigkeit gefunden, zum Beispiel hat sie den Führerschein gemacht. Welche Ziele sie sonst noch hat
Donauwörth Der Kaffee für die tägliche Kaffeerunde ist fertig, der Tisch gedeckt. Nach und nach kommen die Klienten aus ihren Arbeitsbereichen zurück. In der Donauwörther Wohnanlage Donaublick in der Zirgesheimer Straße leben 24 Bewohner, der größte Teil der Bewohner arbeitet in den Werkstätten der Einrichtung.
Christine B. kommt gerade frisch geduscht und ziemlich k. o. in den Gruppenraum. Sie ist 24 Jahre, lebt seit zwei Jahren im Haus und arbeitet, anders als ihre Mitbewohner, in der Stadtgärtnerei in Donauwörth. Dies ermöglicht ein sogenanntes „inklusives Eingliederungsprogramm“. Sie hat einen Arbeitsplatz außerhalb der Einrichtung, da sie bereits eine Lehre zur Zierpflanzengärtnerin absolviert hat. Diese Ausbildung wurde ihr in ihrer vorhergehenden Einrichtung ermöglicht.
Christine arbeitet gern in diesem Bereich, obwohl sie Wind und Wetter ausgesetzt ist und oft auch schwere körperliche Arbeit verrichten muss.
Bei Christine wurde im frühen Kindesalter eine Intelligenzschwäche beziehungsweise Entwicklungsverzögerung diagnostiziert. Sie gilt aber als zielstrebig. Auch deswegen bot ihr ihr Chef an, den Führerschein Klasse L zu machen. Dieser ist notwendig, damit Christine landwirtschaftliche Maschinen beziehungsweise Arbeitsmaschinen mit Hänger fahren kann. Diese Fahrerlaubnis war Bedingung für die Sicherung ihres Arbeitsplatzes in der freien Wirtschaft. Anfangs war die junge Frau ängstlich, wusste nicht, ob sie diese Aufgabe bewältigen kann. Mit Unterstützung ihrer Betreuerin und der Mitarbeiter gelang es aber, Christine für den Führerschein zu begeistern. Selbstständig meldete sie sich für die Fahrschule an und übte auch in ihrer Freizeit regelmäßig mit Assistenz der Mitarbeiter. Weil Christines Schreib- und Lesefähigkeit eingeschränkt ist, erarbeitete sie die theoretischen Grundlagen mit einem Mitarbeiter der Fahrschule. Gegebenenfalls las der Mitarbeiter die Frage laut vor oder erklärte Christine den Sachverhalt. Zwar gab es immer wieder Momente, in denen sie aufgeben wollte, die Vorstellung, deshalb ihren Arbeitsplatz zu verlieren, war Ansporn, doch weiterzumachen.
Ihr Einsatz und ihre Ausdauer wurden belohnt. Die junge Frau bestand die theoretische Prüfung und auch der praktische Teil gelang ihr auf Anhieb. Der Ehrgeiz von Christine war geweckt, bestärkt durch ihr neu gewonnenes Selbstvertrauen, wollte sie den „richtigen“Führerschein in Angriff nehmen. Derzeit besucht sie wieder die Fahrschule.
Christine hat weitere Ziele, so möchte sie mittelfristig in das ambulant betreute Wohnen wechseln. Um für diesen Lebensabschnitt vorbereitet zu sein, werden mit ihr im Gruppenalltag verschiedene Tätigkeiten erlernt. So nimmt sie etwa am wöchentlichen Kochtraining teil – hier kann sie einen Kochwunsch einbringen, der dann mit Assistenz der Mitarbeiter umgesetzt wird. Christine benötigt jedoch wenig Anleitung, routiniert erledigt sie die notwendigen Schritte. Eigenständiges Wäsche waschen wird ebenfalls wöchentlich trainiert. Christine wurde im Laufe der Zeit wesentlich selbstsicherer und mutiger. Aus der anfangs recht stillen Klientin wurde im Laufe der Zeit eine selbstbewusste Frau, die ihr Leben selbstbestimmt führen möchte. Derzeit fühlt sich Christine im Haus Donaublick aber sehr wohl, auch weil sie hier einen Lebensgefährten gefunden hat, mit dem sie ihre freie Zeit gerne mit Billard oder Kickerspielen verbringt.
Ihre große Leidenschaft aber gehört dem Fußball. Regelmäßig werden von den Mitarbeitern Fahrten nach Rain oder Augsburg ins Stadion angeboten und Christine nimmt diese Freizeitangebote jedes Mal sehr gerne wahr. Auch gemeinsame Fußballabende gehören dazu.