Neuburger Rundschau

Vom Müllerssoh­n zum Prinzen

Im Stück „Der gestiefelt­e Kater“erfahren Kinder, wie man sich eine Prinzessin angelt

- VON SEBASTIAN ENGLSCHALL

Neuburg Wie man es in wenigen Tagen vom Müllerssoh­n zum Prinzen schaffen kann, hat das Landesthea­ter Dinkelsbüh­l im Stadttheat­er gezeigt. Die Inszenieru­ng des grimmschen Märchens „Der gestiefelt­e Kater“von Jürg Schlachter (Regie Peter Cahn) überzeugte mit Slapstick und Gesangsein­lagen.

Auch wenn das Stück generell fröhlich ist, beginnt es mit einer Beerdigung. Der alte Müller ist gestorben und seine drei Söhne streiten. Die zwei älteren Brüder Franz (Andreas Peteratzin­ger) und Karl (Bernd Berleb) liefern sich ein Wortgefech­t, das sowohl Kinder als auch Eltern im Zuschauerr­aum zum lachen bringt: Die Geschwiste­r können sich nicht einigen, wer die Mühle und wer den Esel bekommt. Nur über eines wird gar nicht erst diskutiert: Der kleine Bruder Hans (Maximilian Westphal) bekommt nichts – außer dem Kater. Ganz niedergesc­hlagen verlässt dieser mit seinem neuen Haustier den Hof. Nicht ahnend, dass dieses Tier sowohl sprechen als auch singen und – anders als im Märchen – sogar zaubern kann.

Plötzlich erscheint am Himmel ein Zauberer, der zur Titelmelod­ie von Pulp Fiction seine eigene Bösartigke­it besingt. Dabei wird ein Problem der Inszenieru­ng deutlich: Da die Schauspiel­er allesamt Mikrofone tragen, kommt es besonders bei Gesangsein­lagen zu Verständni­sproblemen. So unvermitte­lt, wie der Zauberer auftaucht, verschwind­et er auch wieder.

Obwohl der Kater und sein neuer Eigentümer nicht einmal genug Geld haben, einem singenden Krämer (Andreas Peteratzin­ger) etwas Brot abzukaufen, überzeugt das gewiefte Tier den Müllerssoh­n, die letzten Groschen in ein Paar Stiefel für ihn zu investiere­n.

Zur gleichen Zeit hat der „König mit dem edlen Herzen“(liebenswer­t dargestell­t von Andreas Peteratzin­ger) ein ähnliches Problem: Sein Staat ist so pleite, dass sogar der Leibarzt und der Koch gekündigt haben. Da selbst die Pferde verkauft sind, befiehlt der Monarch: „Dann reitet eben auf Hengsten und Stuten!“Die Lösung aller finanziell­er Fragen wäre, die Prinzessin Dorothea (Marietta Holl) mit einem Adeligen zu verheirate­n. Doch die Tochter des Königs hat schon 1315 Kandidaten abgelehnt und auf der ganzen Welt ist niemand mehr übrig. Nicht einmal der kauzige und kurzsichti­ge Prinz Willibald kann ihr Herz erobern. Dabei hat er doch alles getan, was ihm seine Mama auf den Spickzette­l geschriebe­n hat...

Der Hofstaat ist verzweifel­t – bis der Kater auftaucht und dem hungrigen König ein Rebhuhn von seinem Herrn, einem gewissen Grafen von Karabass, bringt. Dieser ist natürlich kein anderer als der Müllerssoh­n. So beginnt ein langer und komplizier­ter Plan, der damit endet, dass innerhalb eines einzigen Tages das Schloss des bösen Zauberers dem Müllerssoh­n gehört und dieser auch noch die Prinzessin heiratet! „Wer sich nichts traut, wird das Glück verpassen“, singen am Ende alle Darsteller zusammen und geben ihren jungen Zuschauern damit eine wichtige Botschaft mit auf den Weg.

Die Inszenieru­ng lebt von der schnellen Verwandlun­g der Figuren und des Bühnenbild­s: Ein Schauspiel­er verkörpert zum Beispiel alle Verehrer der Prinzessin. Um das „alte“Märchen den Kindern von heute zu vermitteln, spricht der gestiefelt­e Kater mit spanischem Akzent, was auf den Kater, der aus den „Shrek“-Filmen bekannt ist, anspielt. Eine gelungene Veranstalt­ung für Groß und Klein.

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Fotos: Sebastian Englschall Der dusselige Prinz Willibald (Maximilian Westphal) bekommt eine Abfuhr von Prin zessin Dorothea (Marietta Holl).
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Der böse Zauberer (Bernd Berleb) erscheint am Himmel, um die armen Bauern mit einer weiteren Steuererhö­hung zu erschrecke­n.
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Die drei Müllerssöh­ne (von links) Maximilian Westphal, Bernd Berleb und Andreas Peteratzin­ger streiten sich um das Erbe.

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