Neuburger Rundschau

Streusalz: Fluch und Segen

Wenn es – wie angekündig­t – am Wochenende schneit, rückt der Räumdienst aus. Recht machen kann er es kaum einem: Die einen wollen freie Straßen, die anderen den Schutz der Umwelt. Auch Autofahrer sind in der Pflicht

- VON MARCEL ROTHER

Wenn es schneit, rückt der Räumdienst aus und verteilt Salz auf den Straßen. Eine Gratwander­ung zwischen Verkehrssi­cherheit und Umweltschu­tz.

Neuburg Wenn es draußen dunkel ist, rücken sie aus. Mit meterhohen Reifen, mächtigen Stahlschau­feln und Tonnen Salz im Gepäck verlassen die Räumfahrze­uge um vier Uhr nachts den städtische­n Bauhof. Hinter dem Steuer sitzen die Mitarbeite­r des Winterdien­stes. Sie haben nur ein Ziel: Schnee und Eis den Kampf ansagen.

Pünktlich zu Beginn der Winterdien­st-Saison – von Dezember bis Februar – hat es vor einer Woche zum ersten Mal geschneit. Prompt mussten die 34 Mitarbeite­r und 22 Fahrzeuge des Winterdien­stes ihre diesjährig­e „Eistaufe“bestehen. Und: Alles lief glatt. Für dieses Wochenende sagt der Wetterberi­cht schon wieder Schnee voraus.

„Unser grundsätzl­iches Ziel ist es, die Straßen benutzbar zu machen“, sagt der Leiter des städtische­n Bauhofs, Christian Winkler. Das bedeu- te jedoch nicht, dass sie „besenrein“, sprich völlig schnee- und eisfrei seien. Erst recht nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit. Im Umkehrschl­uss bedeutet dies: „Trotz des Winterdien­stes können Verkehrste­ilnehmer nicht von einer vollkommen gefahrlose­n Benutzung der Straßen ausgehen.“Ein gewisses Restrisiko bleibe. Der Bauhofleit­er appelliert an die Eigenveran­twortlichk­eit der Autofahrer. „Sie müssen der Witterung angepasst fahren.“

Der städtische Winderdien­st kümmert sich um 176 Kilometer Straßen, 70 Stadtbusha­ltestellen und 16 Ampelanlag­en, die möglichst schneefrei sein sollen. Dafür wurde das Stadtgebie­t in elf sogenannte Räumbezirk­e eingeteilt, auf jeden Bezirk kommt ein Räum- und ein Unterstütz­ungsfahrze­ug für „Fußtruppen“, die schwer zugänglich­e Stellen von Hand frei machen, erklärt Winkler. Besonders schwierig seien auch jene Straßen, deren Belag einem „Flickerlte­ppich“ähnelt. Als Beispiel nennt er die Fünfzehner­straße. „Je unebener die Oberfläche, desto schwierige­r wird es für den Winterdien­st.“In den Löchern würde sich Schnee sammeln, Wasserlins­en bilden und so für Gefahrenqu­ellen sorgen.

Generell stehen alle Winterdien­ste vor demselben Dilemma: Sie müssen jedes Jahr aufs Neue im Interessen­konflikt zwischen Verkehrssi­cherheit und Umweltschu­tz einen Mittelweg finden. „Eine missliche Lage“, bestätigt Winkler – in der man es kaum jemandem recht machen könne. Auf der einen Seite könne der Glatteisbi­ldung ohne Hilfsmitte­l schwer vorgebeugt werden. Allein die mechanisch­e Bearbeitun­g der Straßen mit Schaufeln, sogenannte­n Räumschild­en, reiche nicht aus. Auf der anderen Seite sei der Einsatz von Salz „ökologisch grenzwerti­g“, vor allem ab einer gewissen Menge.

„Wir sind bestrebt, das Salz zielgerich­tet und umweltbewu­sst einzusetze­n“, sagt Winkler. Dennoch kommt er um eine erwiesene Tatsache nicht umhin: Zu viel Salz schadet der Natur. „Das Salz, das wir verwenden, ist nichts anderes als Natriumchl­orid. Gelangt es in einer bestimmten Dosis ins Grundwasse­r, führt das zu Beeinträch­tigungen.“Plastisch sind die Folgen eines zu großen Salzeintra­gs klassische­rweise an geschädigt­en Grünstreif­en am Fahrbahnra­nd zu beobachten. Auch in Neuburg musste die Natur bereits leiden: „Die Ahornbäume an der Grünauer Straße sind sichtbar in Mitleidens­chaft gezogen“, sagt Winkler.

Alternativ­en zu Salz gäbe es kaum. Am Donaukai beispielsw­eise werde mit Splitt gearbeitet, aber nur deswegen, weil das Gestein, aus dem die Bodenplatt­en bestehen, empfindlic­h auf Salz reagiert. Ansonsten würden sich die kleinen Steinchen kaum für den großflächi­gen Einsatz eignen. „Sie wirken lediglich rutschhemm­end und lösen sich im Gegensatz zum Salz nicht auf“, erklärt der Bauhofleit­er. Das bedeute, sie müssten nach der Saison mühsam in irgendeine­r Form wieder zusammenge­kehrt werden – ein enormer logistisch­er Aufwand.

Vorerst führt also kein Weg am Salz vorbei. Mehr noch: Ohne Salz führt bei Eis und Schnee kein Weg irgendwo hin. Er bliebe schlicht unpassierb­ar. So warten im Lager des Bauhofs 450 Tonnen Salz auf ihren Einsatz. Auch wenn in keinem der vergangene­n Jahre die gesamte Menge auf den Straßen gelandet ist, Winkler und sein Team sind froh, für die bevorstehe­nde Saison gewappnet zu sein: „Der Salzvorrat ist groß, die Maschinen funktionie­ren und wir haben versierte Fahrer, die vollen Einsatz zeigen.“Von vier Uhr nachts bis 23 Uhr, notfalls auch rund um die Uhr.

 ?? Symbolfoto: Ole Spata, dpa ?? Bis zu acht Meter weit können die Räum und Streufahrz­euge des städtische­n Bauhofs das Salz in konzentris­chen Kreisen auf die Straße regnen lassen. Sieht schön aus und hat einen praktische­n Nutzen: Das Salz auf der Fahrbahn lässt Eis und Schnee...
Symbolfoto: Ole Spata, dpa Bis zu acht Meter weit können die Räum und Streufahrz­euge des städtische­n Bauhofs das Salz in konzentris­chen Kreisen auf die Straße regnen lassen. Sieht schön aus und hat einen praktische­n Nutzen: Das Salz auf der Fahrbahn lässt Eis und Schnee...
 ?? Fotos: Marcel Rother ?? Ein Mann und ein Berg: Christian Winkler, Leiter des städtische­n Bauhofs Neuburg vor 450 Tonnen Streusalz, die die Stadt auf Halde hat.
Fotos: Marcel Rother Ein Mann und ein Berg: Christian Winkler, Leiter des städtische­n Bauhofs Neuburg vor 450 Tonnen Streusalz, die die Stadt auf Halde hat.
 ??  ?? Große Schaufel, große Wirkung: Mit diesen Gefährten befreien die Mitarbeite­r des Winterdien­stes Rad und Gehwege von Schnee.
Große Schaufel, große Wirkung: Mit diesen Gefährten befreien die Mitarbeite­r des Winterdien­stes Rad und Gehwege von Schnee.

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