Die Holzlokomotive macht das Rennen
Andreas Loquai stellt in Pöttmes Holzspielzeug her. Er kann erzählen, was sich auf dem Spielzeugmarkt verändert hat
Pöttmes Was Andreas Loquai mit dem Christkind gemeinsam hat? Er kann Kinderaugen zum Leuchten bringen. Der Spielzeugexperte aus Pöttmes weiß genau, was kleine Kinderhände an Heiligabend besonders gern unter dem Christbaum auspacken. Dabei setzt er ganz auf Holz. Seine Zielgruppe sind die Drei- bis Sechsjährigen – oder auch deren Eltern und Großeltern, wie er erzählt. Die entscheiden schließlich weit öfter über die Anschaffung eines Spielzeugs als die Kinder selbst. Was hat sich über die Generationen unterm Christbaum geändert?
Wer die Werkstatt des Familienunternehmens Loquai in der VonGumppenberg-Straße in Pöttmes betritt, wird zunächst den Geruch von Leim und Holzspänen wahrnehmen. Kistenweise stapeln sich hier sauber sortiert rote, gelbe und blaue Holzteilchen, einige kaum größer als ein Daumennagel. Sie seien für ein Spiel gedacht, das nach Frankreich geliefert werde, erzählt Loquai. Die Kinder können Nägel durch die winzigen Löcher der Holzteile schlagen und sie so immer wieder neu aneinanderreihen und Figuren entstehen lassen. Ein kreatives Spiel, das laut Loquai in Deutschland keinen Absatz fände.
Hierzulande sind die Klassiker beliebt. Loquai führt das unter anderem darauf zurück, dass Eltern und Großeltern den Kindern gerne das schenken, was sie selbst als Kind schon toll fanden. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala der Holzspielzeuge stehen Lokomotiven, Tiere, Verkehrsschilder oder Möbel für Puppenhäuser. Es sind die gleichen Spielzeuge, die Loquai aus seiner Sammlung historischer Spielzeuge zeigt.
Da sind die bunten sogenannten Reifentiere aus Holz, die er auf etwa 80 bis 100 Jahre schätzt, oder die etwa gleich alte Bimmelbahn, die mit ihrem aufgemalten Gesicht an den heute bei vielen Buben beliebten Thomas und seine Freunde erinnert. Der etwa 70 Jahre alte rot gemusterte Bauernschrank, den Loquai in seiner Sammlung hütet, musste in den Puppenstuben von heute allerdings den modernen Möbeln aus Holzpaletten weichen.
In seiner Werkstatt werden die Miniatur-Paletten auch als Giveaways für Firmen hergestellt. Insgesamt arbeiten 15 Mitarbeiter bei dem Pöttmeser Spielwarenhersteller, mittlerweile sind die Söhne Horst und Arwed Geschäftsführer. „Man wächst da eben rein“, erklärt Sohn Horst, als er ins holzvertäfelte Büro der Loquais kommt. Die Tradition hat jedoch Vater Andreas mitgebracht. Und wer sich bei all den kunstvollen Holzverzierungen im Haus oder bei den Spielzeugen an die Erzgebirgskunst erinnert fühlt, liegt richtig. Der Vater von Andreas Loquai hatte die Firma 1934 im erzgebirgischen Augustusburg gegründet. Damals gehörte die Herstellung von Holzspielzeug in jener Gegend zur Volkskunst, wie Andreas Loquai erzählt. Zu Weihnachten tauchen die Nussknacker, Engelchen und Bergwerk-Figuren auf den Märkten und in den heimischen Stuben bis heute auf. Doch mit den erzgebirgischen Miniaturholzspielzeugen blieb die Familie nach 1950 so gut wie als einzige am Markt, so Loquai. Hergestellt werden die Spielzeuge wie eh und je – seit 1959 dann in Pöttmes. „Der Schwerpunkt liegt auf dem Drechseln“, erzählt der Experte. Es wird zerspant und gesägt mit Maschinen, die heute deutlich leistungsfähiger sind als früher, die in der Werkstatt in Pöttmes aber oft auch noch umgebaut und passend konstruiert wurden.
Der Markt für Holzspielzeug schrumpft Jahr für Jahr. Wie Andreas Loquai berichtet, sei der Marktanteil auf etwa vier Prozent gesunken. Die Zielgruppe sei inzwischen auf die Drei- bis Sechsjährigen beschränkt, weil sie mit den Dingen spielen, die sich aus Holz herstellen lassen. Beinahe ungünstig wirkt sich die lange Haltbarkeit der Holzspielzeuge auf den Markt aus. Da spielt der Sohnemann tatsächlich noch mit den Sachen, die Vater oder Großvater seit ihrer eigenen Kindheit auf dem Dachboden gehütet hatten. Zudem wird der Abstand zwischen den Generationen länger. Auflagen machen deutschen Herstellern im Kampf mit der ausländischen Konkurrenz zu schaffen.
Trotzdem. Spielzeug unter dem Christbaum ist für alle Kinder dieser Welt eine riesige Freude. Was also würde der Spielzeugexperte den Kindern am Sonntag unter den Christbaum legen, nachdem er ein Leben lang Spielzeugmessen besucht hat, in Spielzeugverbänden aktiv ist und mit Spielzeugsammlern überall auf der Welt in Verbindung steht? Andreas Loquai rät zu Spielzeug, das die Kreativität fördert. „Ich kann nur für die Gruppe der Drei- bis Sechsjährigen sprechen“, betont er, und diese Kleinen seien mit Holzfahrzeugen, Baukästen oder Puppenhäusern gut beraten. Es gebe sogar Baukästen, die eine Anleitung zum wieder Einräumen enthalten. Der Schwierigkeitsgrad variiert hier je nach Kind und Alter. Für große Kinder gibt es außerdem jede Menge Herausforderungen zum Legen, Puzzeln oder Knobeln, die in eine Streichholzschachtel passen.