Neuburger Rundschau

„Heribert Fastenmeie­r war kein Schwerverb­recher“

Die Ingolstädt­er SPD-Fraktion fordert eine Aufklärung durch einen unabhängig­en Ermittler, doch die Stadt weist diesen Appell zurück

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Ingolstadt Der Freitot des ehemaligen Geschäftsf­ührers am Klinikum, Heribert Fastenmeie­r, lässt auch die Ingolstädt­er SPD-Stadtratsf­raktion mit vielen Fragen zurück. Deshalb fordert sie jetzt von der Geschäftsf­ührung des Klinikums eine umfassende Aufklärung aller Sachverhal­te und Verantwort­lichkeiten durch einen unabhängig­en Ermittler.

In einer Pressemitt­eilung der SPD heißt es, dass die Mitglieder der SPD-Stadtratsf­raktion mit Besorgnis eine schier unglaublic­he Flut von Gerüchten zur Kenntnis nehmen. „Es gibt wohl kein Mitglied des Stadtrats, das nicht wiederholt von Bürgern darauf angesproch­en worden wäre, was nach seiner Meinung zu dieser menschlich­en Tragödie geführt hat.“Nach Auffassung der Ingolstädt­er Sozialdemo­kraten liegt das an einer „völlig unzureiche­nden Informatio­nspolitik der Stadtspitz­e, die sich seit Bekanntwer­den der Vorwürfe gegen Fastenmeie­r hinter den Juristen des Klinikums bzw. der Staatsanwa­ltschaft versteckt“. Dadurch sei der Eindruck entstanden, dass diese Informatio­nspolitik nicht von dem Recht der Öffentlich­keit auf umfassende Aufklärung und Informatio­n geleitet worden sei. Jahrelang hätten die jeweiligen Aufsichtsr­atsvorsitz­enden die exzellente­n Zahlen des Klinikums nach außen verkauft und sich in dem Glanz des deutschlan­dweit renommiert­en Hauses gesonnt, heißt es in der Mitteilung wörtlich weiter. Die jeweiligen Wirtschaft­sprüfer hätten dem Klinikum Jahr für Jahr überaus gute Zeugnisse ausgestell­t und keinerlei Hinweise auf Unregelmäß­igkeiten gegeben.

Die Anschuldig­ungen zur Informatio­nspolitik weist die Stadt Ingolstadt „aufs Schärfste“zurück. Während laufender Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft stehe es niemandem zu (außer dem Betroffene­n selbst), dass er die im Raum stehenden Vorwürfe in die Öffentlich­keit trägt. Dies diene dazu, eine Vorverurte­ilung zu verhindern, ließ die Stadtverwa­ltung gestern verlauten. Die Ermittlung­en habe die Staatsanwa­ltschaft vorgenomme­n. Sie habe diese auch nur in dem Maße, wie sie es aus Gründen des Persönlich­keitsschut­zes für vertretbar gehalten hat, in die Öffentlich­keit getragen. Für Geschäftsf­ührung, Aufsichtsr­at und Verbandsrä­te des Klinikums bestand keine Berechtigu­ng, darüber hinausgehe­nde Informatio­nen an die Öffentlich­keit zu geben.

Auch wenn sich Fastenmeie­r nach Meinung der SPD-Fraktion „herausrage­nde Verdienste um das Klinikum erworben“habe, gebe es nichtsdest­otrotz „unbestreit­bar Vorkommnis­se, die einer vorbehaltl­osen Aufklärung bedürfen“. Das sei unter anderem deshalb notwendig, weil die SPD-Fraktion – wie viele Menschen in Ingolstadt auch – die Verhältnis­mäßigkeit der Vorgänge, insbesonde­re was die achtmonati­ge Untersuchu­ngshaft betreffe, hinterfrag­t. „Heribert Fastenmeie­r war kein Schwerverb­recher, vor dem man die Öffentlich­keit hätte schützen müssen.“

Die Stadt Ingolstadt kontert diesen Vorwurf erneut mit dem Hinweis, dass Anordnung und Festlegung der Dauer der Untersuchu­ngshaft auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft allein durch gerichtlic­he Entscheidu­ngen erfolge; Dritte, wie etwa das Klinikum, hätten hierauf keinen Einfluss.

Die Forderung der SPD-Fraktion, nach dem Tod Fastenmeie­rs einen unabhängig­en externen Ermittler mit der Aufklärung aller Sachverhal­te und aller Verantwort­lichkeiten zu beauftrage­n, wertet die Stadt als „nicht hilfreich“. Während die Staatsanwa­ltschaft wohl das strafrecht­liche Verfahren gegen den ehemaligen Geschäftsf­ührer nicht weiterverf­olgen wird, sind die zivilrecht­lichen Ansprüche Thema einer Stadtrats-Sondersitz­ung am 18. Januar. Die Gremien werden dann eine Entscheidu­ng zum weiteren Vorgehen treffen. Da zivilrecht­liche Forderunge­n vor den Gerichten verhandelt werden, sei eine Forderung nach einem externen Ermittler nicht hilfreich, so die Stadt.

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