Malz für die Seele
Wo beginnt die Heimat? Irgendwo im Kopf. Denn an einen Ort kann ich den Begriff Heimat nicht mehr binden. Ich bin ein Franke, der in Schwaben lebt und in Oberbayern arbeitet. Im Elternhaus meiner Jugend leben nun fremde Menschen aus Niedersachsen. Aber bin ich deshalb heimatlos? Ganz so ist es nicht. Denn das Kribbeln, das quasi weihnachtliche Gefühl, in der Heimat anzukommen, erwischt mich immer irgendwo auf den Gleisen zwischen Bamberg und Lichtenfels. Für Ortsunkundige: oberfränkisches Bierland. Vor ein paar Jahren habe ich mit einer Uralt-Analogkamera dieses Bild zum Zugfenster hinaus aufgenommen. Es zeigt den imposanten Bau der Bamberger Malzfabrik Michael Weyermann. Backstein, Türmchen, die auffälligen Darren, unter denen das Grünmalz getrocknet wird oder wurde – keine Ahnung, wie weit die Technik mittlerweile ist. Ein Relikt des 19. Jahrhunderts jedenfalls, das seinen Bierstadt-Dunst über die Stadt legt, den die Menschen darin atmen. In Bamberg habe ich nie gelebt. Ich habe dort Freunde besucht, aber meine Heimatstadt ist Kulmbach und das Umland fühlt sich auch nach Heimat an. Es liegt also an der Szenerie, dass mich beim Blick auf die Mälzerei das Heimatgefühl übermannt. 50 Kilometer vor der Haustür meiner Familie duftet die Gegend nach Zuhause, zeichnen sich heimatliche Silhouetten ab. Und Papa hat sicher schon ein Willkommensbier kühl gestellt.