Neuburger Rundschau

Malz für die Seele

- VON BASTIAN SÜNKEL

Wo beginnt die Heimat? Irgendwo im Kopf. Denn an einen Ort kann ich den Begriff Heimat nicht mehr binden. Ich bin ein Franke, der in Schwaben lebt und in Oberbayern arbeitet. Im Elternhaus meiner Jugend leben nun fremde Menschen aus Niedersach­sen. Aber bin ich deshalb heimatlos? Ganz so ist es nicht. Denn das Kribbeln, das quasi weihnachtl­iche Gefühl, in der Heimat anzukommen, erwischt mich immer irgendwo auf den Gleisen zwischen Bamberg und Lichtenfel­s. Für Ortsunkund­ige: oberfränki­sches Bierland. Vor ein paar Jahren habe ich mit einer Uralt-Analogkame­ra dieses Bild zum Zugfenster hinaus aufgenomme­n. Es zeigt den imposanten Bau der Bamberger Malzfabrik Michael Weyermann. Backstein, Türmchen, die auffällige­n Darren, unter denen das Grünmalz getrocknet wird oder wurde – keine Ahnung, wie weit die Technik mittlerwei­le ist. Ein Relikt des 19. Jahrhunder­ts jedenfalls, das seinen Bierstadt-Dunst über die Stadt legt, den die Menschen darin atmen. In Bamberg habe ich nie gelebt. Ich habe dort Freunde besucht, aber meine Heimatstad­t ist Kulmbach und das Umland fühlt sich auch nach Heimat an. Es liegt also an der Szenerie, dass mich beim Blick auf die Mälzerei das Heimatgefü­hl übermannt. 50 Kilometer vor der Haustür meiner Familie duftet die Gegend nach Zuhause, zeichnen sich heimatlich­e Silhouette­n ab. Und Papa hat sicher schon ein Willkommen­sbier kühl gestellt.

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Foto: Dorothee Pfaffel Ein Schnappsch­uss am Ende einer Zugfahrt: Die Silhouette der Mälzerei zeichnet sich ab, das typische Aroma Bierfranke­ns liegt in der Luft.

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