Linkspartei lockt SPD Basis
Martin Schulz kämpft an mehreren Fronten
Berlin Martin Schulz spürt den heißen Atem der Linkspartei im Nacken. Während der SPD-Chef auf seiner Deutschland-Tour alles versucht, seine unwillige Partei von einer neuerlichen Großen Koalition mit der Union zu überzeugen, droht ihm Ungemach von ganz links. Denn führende Linken-Politiker buhlen heftig um GroKo-skeptische SPD-Anhänger. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und ihr Mann Oskar Lafontaine etwa trommeln derzeit wieder laut für ihre Idee einer linken Sammlungsbewegung. Links eingestellte Kräfte aus SPD, Grünen und Linkspartei sollten sich demnach zusammenschließen – zu einer echten Volkspartei. Bei der SPD, die ja nach ihrem 20-ProzentErgebnis bei der Bundestagswahl um ihren Status als Volkspartei ringt, gehen da alle Warnlampen an.
In seiner Heimat NordrheinWestfalen, wo die SPD ihren mitgliederstärksten Landesverband hat, warb Parteichef Martin Schulz auch gestern darum, nach den Sondierungen in Koalitionsverhandlungen mit der Union zu gehen. Doch Michael Groschek, Chef der NRWSPD, sagt: „Wir haben Mitglieder, die sagen Ja, und welche, die sagen Nein, und dazwischen ist ein großer Teil von nachdenklichen Unentschlossenen.“Für Schulz bedeutet das: Nicht einmal der Unterstützung seines Heimatverbandes, der beim Parteitag am Sonntag allein 144 von 600 Delegierten stellt, kann er sich sicher sein.
Ein Hoffnungsschimmer für Schulz kommt aus dem Allgäu. Denn der Vorstand der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag hat sich für Koalitionsverhandlungen mit der Union ausgesprochen. „Die Meinung im Vorstand ist einhellig. Wir begrüßen das Sondierungspapier, wir sehen viel sozialen Fortschritt“, so Fraktionschef Markus Rinderspacher zum Auftakt der Winterklausur im Kloster Irsee.
Dennoch könnte in Bonn ein echter Riss durch die Partei gehen. So kritisieren Teile der SPD heftig die Sondierungsergebnisse zur Flüchtlingspolitik. Diese Genossen umwirbt Linke-Parteichefin Katja Kipping, die die SPD beschuldigt, eine „verklausulierte“Flüchtlingsobergrenze „durch die Hintertür“einführen zu wollen. Und Jan Korte, der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, feuert die Angst vieler in der SPD vor den Folgen eines Eintritts in eine neue Große Koalition weiter an. Er fürchte, so Korte, dass die SPD „sich pulverisiert“.