Neuburger Rundschau

Liebe auf den zweiten Blick

Vor der Saison noch als Risikotran­sfer abgestempe­lt, hat sich Mike Collins mittlerwei­le zum Top-Scorer des ERC Ingolstadt gemausert. Heute tritt der Stürmer mit den Panthern bei den Adler Mannheim an

- VON FABIAN HUBER

Ingolstadt Als Larry Mitchell, Sportdirek­tor des ERC Ingolstadt, sich vergangene­n Sommer in einem Restaurant nordwestli­ch von Boston mit einem gewissen Mike Collins traf, konnte er noch nicht ahnen, dass er da seinem zukünftige­n Topscorer und Königstran­sfer gegenübers­aß. Unterzahl, dritte Reihe, unter Umständen – sprich: Verletzung­en oder Formtief eines Leistungst­rägers – vielleicht auch etwas höher, so in etwa lautete die Rolle, die Mitchell für Collins vorgesehen hatte. Der US-Amerikaner willigte ein und unterschri­eb einen Ein-Jahres-Vertrag. Bei den Fans löste die Verpflicht­ung von Murren bis Meckern so einiges aus, nur eben kaum Begeisteru­ngsstürme.

Ein halbes Jahr später spielt Collins in der Ingolstädt­er Paradereih­e, führt die Scorerwert­ung seines Teams mit 16 Toren und 17 Vorlagen aus 44 Partien an und wird, wenn nicht schon seit der Wahl zum „Panther des Monats November“, dann spätestens seit seiner frühzeitig­en Vertragsve­rlängerung bis 2020 von den Anhängern gefeiert.

„Es ist natürlich schön, wenn man jemandem wie Mike Collins trotz aller Widerständ­e das Vertrauen schenkt und er dich dann als Sportdirek­tor gut aussehen lässt“, sagt Mitchell.

Collins’ Karriere ist gezeichnet von Umwegen und von Chancen; denen, die ihm verwehrt wurden und denen, die sich dadurch neu ergaben. Seine designiert­e Uni schickt den damals 18-Jährigen 4700 Kilometer Richtung Westen ins kanadische Vernon, um sich dort zwei Spielzeite­n lang auf das körperlich anspruchsv­olle College-Eishockey einzustell­en. „Eine großartige Erfahrung. Ich habe etwas von der Welt gesehen“, erinnert sich Collins.

Zurück an der Universitä­t macht seinen Bachelor in Betriebswi­rt- schaft und spielt gleichzeit­ig auf höchstem Level Eishockey, wird von den renommiert­en Minnesota Wild sogar zum Trainingsc­amp ein- geladen. Während seines Profide- büts bekommt er in der zweitklass­i- gen American Hockey League aller- dings nur sporadisch­e Einsatzzei­ten. Nach zehn Partien für die Iowa Wild und die Providence Bruins ohne einen einzigen Scorerpunk­t wagt Collins einen Neuanfang und landet in Kassel, Zweite Deutsche Eishockeyl­iga (DEL2).

„Ich hatte das Gefühl, nie wirklich eine Chance bekommen zu haben und bin deshalb direkt nach Europa gegangen“, sagt Collins. Der radikale Schritt erweist sich als Karer rierekatal­ysator. Collins schießt die DEL2 in Grund und Boden, sammelt astronomis­che 81 Scorerpunk­te und landet nach zwei Jahren bei den Krefeld Pinguinen in Ingolstadt.

Die ihm anfangs zugeschrie­bene, rein defensive Rolle streifte er schnell ab. Während vermeintli­che Top-Stürmer lange vergeblich ihren Torinstink­t suchten (Darin Olver, John Laliberte, Kael Mouillerat, Petr Taticek), den ERCI frühzeitig und unehrenhaf­t verließen (Brock Trotter), oder beiderlei (Brandon Buck), zeigte Collins eine konstant abgezockte Performanc­e.

„Ich bekam die Chance, die Lücken zu füllen und jetzt spiele ich in einer Topreihe“, sagt Collins. Sogar in Überzahl darf er unter Trainer Doug Shedden ran.

Der sagt über ihn: „Bevor ich kam, kannte ich ihn nicht. Er ist ein vertrauens­voller Spieler auf beiden Enden des Eises.“Collins Reihe um John Laliberte und Brett Olson mache einen fantastisc­hen Job, sagt Shedden. „Ich stelle sie immer gegen die Topreihe des Gegners aufs Eis und fast in jedem Spiel machen sie mehr Punkte.“

Auch abseits des Eises soll Collins für die Panther ein echter Zugewinn sein, hört man allenthalb­en. Ein „wirklich guter Typ“und „angenehmer Gesprächsp­artner“sei Collins, sagt Reihenkoll­ege Olson. Mitchell nennt ihn einen „ehrlichen Arbeiter“und „höflichen Mensch“, um dann noch einmal zu unterstrei­chen, wie wertvoll sein Transferco­up für den ERCI ist: „Für mich ist es keine Überraschu­ng das Mike so spielt, wie er spielt. Ich habe keine Zweifel gehabt.“

● Debüt Stürmer Tim Stapleton wird beim heutigen Auswärtssp­iel in Mannheim (19.30 Uhr) sein Debüt im Panthertri­kot feiern.

● Timo Pielmeier fährt zu Olympia ERC-Torhüter Timo Pielmeier wurde für die Olympische­n Spiele in Südkorea (9. bis 25. Februar) nominiert Er ist damit einer von 25 Profis, die Bundestrai­ner Marco Sturm dem DOSB vorgeschla­gen hat. „Die Vorfreude ist riesig“, so Pielmeier, der sich mit herausrage­nden Leistungen, darunter bereits sechs Shutouts in dieser Saison, für „Team Deutschlan­d“empfohlen hat.

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Foto: Xaver Habermeier Ist derzeit in Topform: Michael Collins hat sich zu einem wichtigen Spieler für den ERC Ingolstadt entwickelt. Heute ist er mit den Panthern bei den Adler Mannheim zu Gast.

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