Wie der Bauboom Bayern verändert
Es werden mehr Wohnungen gebraucht. Kritiker aber fürchten den Flächenfraß
Augsburg Neue Einfamilienhäuser, Büros, Logistikzentren. Bayern erlebt derzeit einen kleinen Bauboom. Gründe gibt es mehrere, berichtet Josef Wallner, Sprecher des Bayerischen Bauindustrieverbands. „Zum einen die Wohnungsnot, auch durch den Zustrom an Flüchtlingen“, sagt er. Zum anderen die Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank: „Die Leute haben Angst vor Inflation und suchen nach neuen Anlagestrategien.“Immobilien bzw. Betongold lauten die magischen Wörter. So kommt es, dass die bayerischen Ämter im Jahr 2016 über 74000 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt haben – so viele wie seit Ende der 90er Jahre nicht mehr. Für 2017 dürfte diese Zahl stabil bleiben.
Der Freistaat Bayern hat mehrere starke Epochen im Wohnungsbau erlebt. Erst Ende der 20er Jahre. Dann gab es nach dem Zweiten Weltkrieg in der jungen Bundesrepublik bis in die 60er Jahre hinein viel aufzubauen und nachzuholen. Nach einem kurzen Einbruch erreichte der Wohnungsbau Anfang der 70er Jahre den Höhepunkt. Zeitweise entstanden über 125000 Wohnungen im Jahr. Das zeigen Daten des Statistischen Landesamts. In die Zeit fallen prägende Bauten wie das Schwabencenter in Augsburg, das damals als hochmodern galt. In München entstand der Stadtteil Neuperlach und zu den Sommerspielen 1972 das olympische Dorf in München. Einen Boom erlebte das Bauen nochmals nach der deutschen Wiedervereinigung bis Mitte der 90er Jahre. Was die Infrastruktur betrifft, prägten im Laufe der Jahre Großprojekte wie der Flughafen München die Bau-Geschichte.
Heute, wo Mieten steigen und Wohnraum knapp ist, fällt auf, dass das Bauen teuer wird. „Das liegt an hohen Grundstückspreisen, dem Baumaterial, aber auch an strengeren Vorschriften zum Beispiel für Lärmschutz und Energieeinsparung“, sagt Bau-Experte Wallner.
Und immer deutlicher wird, dass das Bauen noch andere Kosten hat: Es verändert die Landschaft. In Bayern bereiten unter anderem die Grünen ein Volksbegehren gegen den Flächenfraß vor. Jeden Tag, heißt es, verschwinden 13 Hektar Bayern unter Asphalt und Beton – so viel wie 18 Fußballfelder.