Faszinierende Welt der Bossa nova
Zauberhafter Auftritt des Christina Braga Trios im Birdland Neuburg
Neuburg Bossa nova, das heißt auf portugiesisch einfach nur „neue Welle“. Mit der blödel-affinen deutschen Popmusik-Mode der 1980er Jahre hat diese faszinierende, tänzerisch geprägte Stilrichtung wenig zu tun, die schon viel früher von der Copacabana aus ihren Siegeszug über den Globus begonnen hat.
Der Auftritt des Christina Braga Trios im Birdland Jazzclub Neuburg am Samstag war eine hinreißende Hommage an die Bossa nova. Ja, die Bossa nova ist sozusagen schuld an einem zauberhaften, von tiefer Emotion geprägten JazzAbend – nicht etwa der Bossa nova, wie es in einem flotten alten Schlager heißt. Christina Braga, klassische Harfenistin und Opernsängerin in Rio de Janeiro und eine vorzügliche Jazzerin, hatte das Publikum im Jazzkeller schon mit den ersten hingehauchten Tönen ihrer dunklen, warmen Stimme gewonnen. Und zugleich mit dem betörenden, geheimnisvollen Sound ihrer Harfe.
Viel feines und ausdrucksstarkes Piano ist an diesem Abend zu genießen, eine insgesamt sehr sangliche Jazz-Auffassung prägt die Musik dieses Trios. In die anspruchsvolle Vorgabe der Harfenistin und Sängerin fügen sich der Bassist Ricardo Medeiros – Christina Bragas Ehemann – und der aus dem Schrobenhausener Land stammende Schlagzeuger und Drummer Flo Pfeifer wunderbar ein. Trommeln und Becken müssen eben nichts Aggressives, Lautstarkes und Knalliges haben, vielmehr kann ein Schlagzeuger von der Qualität dieses Flo Pfeifer für die elegische Schönheit der einen weichen, tragenden musikalischen Background legen. Manchmal hört man den Schlagzeuger kaum noch, aber der junge Mann ist in Wahrheit immer voll da.
Ähnliches gilt für den technisch perfekten und musikantisch-witzigen Ricardo Medeiros am Bass. Die glasklaren Harfenklänge veredelt der Bassist in vielen Unisono-Einwürfen mit seinem sonoren Ton. Im Wettstreit virtuoserer Passagen zaubern die beiden manchmal fast An- eines kurzen, knackigen Doppelkonzerts für Harfe und Kontrabass. Winziges Manko: Dieser Bass mit seinem weichen, tragenden Klang wäre in der intimen Akustik des Birdland Jazzkellers auch mit etwas weniger elektrischer Verstärkung ausgekommen.
Das Erlebnis des Abends war die perfekte Abstimmung von Gesang und Instrumenten. Christina Braga gestaltet die scheinbar einfachen Lieder großer brasilianischer Komponisten mit einer selbstverständliBraga-Lieder chen Intensität, der sphärische Klang der Harfe und das tiefe, runde Timbre ihrer Stimmlage verschmelzen zu einem einzigen Instrument. „Ein Tag voll Sonne, ein Tag voll Licht“, „Der letzte Gesang“oder „Trauriger Sommer“– in diesen Liedern sind emotionale Welten wie Sehnsucht, Zerbrechlichkeit, Liebe, (bedrohte) Schönheit der Natur oder die unbändige Kraft des Meeres auf eine Weise eingefangen, die direkt ins Herz geht.
Worte oder programmatische Tisätze tel braucht es da eigentlich nicht. Diese Musik eines in sich versunkenen Jazz-Quartetts (den Gesang als viertes und intensivstes Instrument mitgezählt) spricht auf eine exotisch-fremde und doch vertraute Weise für sich. Man sagt so leicht, in der Ruhe liege die Kraft. An diesem Abend stimmt das wirklich. Diese Musiker strahlen eine kraftvolle innere Ruhe und Konzentration aus. Und das geht nachhaltig ins Gemüt. So ungefähr stellt man sich ein musikalisches Geschenk vor.