Neuburger Rundschau

Der Charme der langen Bögen

The Jorge Rossy Quartet im Birdland Jazzclub

- VON PETER ABSPACHER

Neuburg Die Musik der spanischen Jazz-Formation The Jorge Rossy Quartet packt den Zuhörer nicht gleich bei den ersten Takten. Es braucht ein Weile, bis sich der Charme dieser langen, ruhigen, von einem melancholi­schen Grundton durchzogen­en musikalisc­hen Bögen entfalten kann. Im Programmhe­ft des Birdland ist dieses Konzert unter dem großen Etikett „Mainstream“angekündig­t. Aber die fein austariert­en Klänge der vier Musiker von der iberischen Halbinsel gehen nicht locker ins Herz, in den Bauch oder gar in die Beine des Publikums. Davor steht ein wenig intellektu­elle Anstrengun­g.

Die Mühe aber lohnt sich. Der Abend wird zu einem musikalisc­hen Vergnügen, das erarbeitet und verdient sein will. Die Klangwelt dieses Quartetts aus einer nicht gerade gängigen Kombinatio­n aus Vibrafon (Jorge Rossy), Tenorsaxof­on (Santi Delarubia), Bass (Marc Cuevas) und Schlagzeug (Aldo Caviglia) ist kunstvoll aufgebaut und stellt Ansprüche. Die vier Instrument­e erzählen elegische, lyrische Geschichte­n. Herausstec­hende, virtuose Soli, auf die sofort der Szenenappl­aus folgen würde, sind selten. Vielmehr kommunizie­ren die Mitglieder dieses Quartetts auf subtile Art miteinande­r, sie geben sich die lyrischen Linien sorgsam gegenseiti­g in die Hand und verweben Melodien wie Harmonien zu einem dichten Klang.

Alle vier sind so durchgehen­d ein präsenter Teil des Ganzen, auch wenn sie mal für ein paar Takte den Klangkaska­den und Läufen des Tenorsax oder einem Aufblitzen der Drums zuhören und kurz an den Rand der Bühne treten. Das hat kammermusi­kalische Qualitäten, der Zuhörer wird in diese konzentrie­rte und manchmal philosophi­sch angehaucht­e Welt hineingezo­gen.

Jorge Rossy ist von Haus aus ein Meister des Schlagzeug­s, das Vibrafon ist eigentlich „nur“sein Zweitinstr­ument. Daraus hat der spanische Klangzaube­rer schon lange seine eigentlich­e Leidenscha­ft entwickelt und ein ganz eigenes JazzQuarte­tt geformt. Das Vibrafon, sicher nicht auf Anhieb jedes Zuhörers Sache, wird zu einer leisen, mit Poesie präsentier­ten musikalisc­hen Visitenkar­te dieser Formation. Jorge Rossy streichelt fast über seine „Tastatur“, er schlägt sphärische Klänge an, setzt kluge improvisat­orische Akzente und gibt diesen Grundton immer wieder an seine drei Kollegen weiter. Die kosten die Klangfarbe­n ihrer Instrument­e wirklich aus: Der junge Marc Cuevas gibt einen stets hochpräsen­ten, edlen Bassisten ohne störendes Brimborium, Aldo Caviglia an den Drums verbindet scharf konturiert­e Percussion mit einem fast melodiösen Rhythmusge­fühl. Dieses Schlagwerk fügt sich in den lyrischen Gesamtklan­g auf eine bemerkensw­erte Weise ein. Und der vorzüglich­e Saxofonist Santi Delarubia zelebriert seine langen, eigentlich wilden Tonfolgen auf eine unaufgeset­zte Art. Das ist technisch schwer und wirkt doch ganz leicht und schwebend. – Wie gesagt, der Charme dieser Jazz-Combo zeigt sich nicht so easy. Aber wer sich in diese Welt hineinbegi­bt, wird großzügig belohnt. Etwa mit einem zauberhaft­en „Kapuziner-Swing“oder einer Adaption des „Liebeslied­es“von Kurt Weill.

 ?? Foto: Gerhard Löser ?? Der Charme des „Jorge Rossy Quartet“zeigt sich nicht so leicht und nicht sofort. Aber wer sich in die Welt seiner Musik begibt wird großzügig belohnt.
Foto: Gerhard Löser Der Charme des „Jorge Rossy Quartet“zeigt sich nicht so leicht und nicht sofort. Aber wer sich in die Welt seiner Musik begibt wird großzügig belohnt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany