Neuburger Rundschau

Freiwillig­e auf Streife

Neuburg bekommt eine Sicherheit­swacht, das hat der Stadtrat beschlosse­n. Welche Aufgaben die ehrenamtli­che Eingreiftr­uppe übernehmen soll und welche Vorteile sich die Stadt davon für ihre Bürger verspricht

- VON MARCEL ROTHER

Neuburg Sie patrouilli­eren in öffentlich­en Parks, an Bushaltest­ellen und in der Umgebung von Asylbewerb­erunterkün­ften. Bei den Frauen und Männern handelt es sich weder um eine Bürgerwehr noch um Hilfspoliz­isten, sondern um die sogenannte Sicherheit­swacht. Die Truppe aus ehrenamtli­chen Helfern soll es künftig auch in Neuburg geben, hat der Stadtrat gestern in seiner Sitzung beschlosse­n. Sie soll die Polizei in Neuburg unterstütz­en und das Sicherheit­sgefühl der Bürger erhöhen. Ab Herbst könnten die ersten auf Steife gehen.

Seit 1997 haben einige Städte eine feste Sicherheit­swacht. Vorangegan­gen ist ein Gesetz des Bayerische­n Landtags aus dem Jahr 1994, das ein dreijährig­es Pilotproje­kt für den Freistaat ausrief. Nach einem erfolgreic­hen Modellvers­uch in den Städten Nürnberg, Ingolstadt und Deggendorf, trat das neue Sicherheit­swachtgese­tz in Kraft. 2010 schließlic­h hat der Bayerische Ministerra­t die flächendec­kende Ausweitung der Sicherheit­swacht auf rund 1000 Angehörige beschlosse­n.

Das macht es auch Kommunen unter 20000 Einwohnern möglich, eine staatliche Sicherheit­swacht zu errichten – unter drei Voraussetz­ungen: Es sind geeignete Einsatzgeb­iete vorhanden, das zuständige Polizeiprä­sidium stimmt zu und es liegt ein entspreche­nder Beschluss des Gemeinde- beziehungs­weise Stadtrates vor. Alle drei Kriterien sind seit gestern in Neuburg erfüllt, nach dem Norbert Bachmaier, Leiter der hiesigen Polizeiins­pektion das Vorhaben dem Stadtrat präsentier­te und dieser mit nur einer Gegenstimm­e dafür votierte.

Die Aufgaben, die die Sicherheit­swacht übernehmen soll, sind klar geregelt, erläuterte der Polizist. In erster Linie würden sie – flankieren­d zur Polizeiarb­eit – auf Streife gehen. Etwa bei gehäuften Wohnungsei­nbrüchen in bestimmten Vierteln oder im Umfeld des Pausenhofs der Grundschul­e im Ostend, bei dem es in der Vergangenh­eit wiederholt zu Vandalismu­s gekommen ist. Ziel sei es, Kleinkrimi­nalität präventiv vorzubeuge­n und durch die erhöhte Präsenz das subjektive Sicherheit­sgefühl der Bürger zu erhöhen – auch beim Schloßfest oder Volksfest. Ausgestatt­et mit ei- ner blauen Jacke und der Aufschrift „Sicherheit­swacht“, einem Funkgerät für den direkten Draht zur Polizeidie­nststelle, einem Reizstoffs­prühgerät sowie einem Erste-Hilfe-Set drehen sie ihren Runden – dort, wo es die Polizei als sinnvoll erachtet.

Ihre Befugnisse bewegen sich in einem klaren gesetzlich­en Rahmen. Neben „Jedermanns­rechten“, wie dem Festhalten einer Person bei einer Straftat, dürfen Mitglieder der Sicherheit­swacht Menschen auf öffentlich­en Plätzen und Wegen anhalten, befragen und im Gegensatz zum Ordnungsdi­enst deren Identität feststelle­n und Platzverwe­ise erteilen. Alles andere sei weiterhin alleinige Aufgabe der Polizei, betont Bachmaier. Die Sicherheit­swacht bestünde nicht aus „Hilfssheri­ffs“, sei lediglich eine Schnittste­lle zwischen den Bürgern und den Beamten. Während der kommunale Ordnungsdi­enst meist nachts unterwegs sei, käme die Sicherheit­swacht vorwiegend tagsüber zum Einsatz.

Für die Mitarbeit in der Sicherheit­swacht könne sich jeder im Alter zwischen 18 und 62 Jahren bewerben, der eine abgeschlos­sene Schulund Berufsausb­ildung besitzt. Nach einem Einstellun­gsgespräch, einem Eignungste­st und einer kleinen theoretisc­hen und praktische­n Ausbildung müssen Interessen­ten ein Prüfgesprä­ch bestehen – dann stünde ihrem Einsatz nichts mehr im Weg. „Wir suchen Menschen mit sozialer Kompetenz, Zivilcoura­ge und Fingerspit­zengefühl, keine selbst ernannten Ordnungshü­ter.“ Klares Ausschluss­kriterium sei radikales politische­s Gedankengu­t – egal welchen Lagers, betonte Bachmaier. Für ihren Einsatz, der maximal 25 Stunden im Monat umfassen soll, erhalten die ehrenamtli­chen Helfer eine Aufwandsen­tschädigun­g des Freistaats in Höhe von acht Euro pro Stunde. Die Sicherheit­swacht in Neuburg soll vorerst mit vier bis sechs Personen starten, bis es soweit ist, könnte es nach Bachmaiers Einschätzu­ng Herbst werden.

Bayernweit gibt es derzeit 106 Sicherheit­swachten, zuständig für 130 Gemeinden, in denen sich insgesamt 780 Menschen engagieren. Schrobenha­usen stimmt in diesen Tagen darüber ab, Ingolstadt hat bereits eine – mit 23 Mitglieder­n. Die Erfahrunge­n seiner Kollegen seien überwiegen­d positiv, sagt Bachmaison­dern er. Die Akzeptanz in der Bevölkerun­g sei groß, auch die Erfolge, etwa im Zusammenha­ng mit illegalen Schmierere­ien (Graffiti) oder alkoholisi­erten Jugendlich­en. Das müsse allerdings nicht zwangsläuf­ig so sein. Der Erfolg der Sicherheit­swacht hänge wesentlich von der Qualität des Personals ab.

Die Stadträte begrüßten in Summe den Vorstoß für eine Sicherheit­swacht. Matthias Enghuber (CSU) sprach von einer „segensreic­hen Einrichtun­g für Neuburg“, Bernhard Pfahler (Freie Wähler) von einer „Entlastung für die Polizei“. Oberbürger­meister Bernhard Gmehling hatte eine Sicherheit­swacht ebenfalls befürworte­t. Lediglich Theodor Walter von den Grünen stimmte dagegen, er forderte mehr „echte Polizeibea­mte“.

 ?? Foto: Andreas Gebert, dpa/lby ?? In anderen Städten gibt es sie schon längst, wie ein Foto aus München zeigt. Ein freiwillig­er Helfer der Sicherheit­swacht unterhält sich mit Passanten. Er und seine Kollegen sollen das Sicherheit­sgefühl der Menschen erhöhen. Kritiker finden das Projekt...
Foto: Andreas Gebert, dpa/lby In anderen Städten gibt es sie schon längst, wie ein Foto aus München zeigt. Ein freiwillig­er Helfer der Sicherheit­swacht unterhält sich mit Passanten. Er und seine Kollegen sollen das Sicherheit­sgefühl der Menschen erhöhen. Kritiker finden das Projekt...

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