Die mühsame Welt der Erwachsenen
Wie ein Neuburger Trio den Arbeitsalltag der Eltern für Kinder inszeniert
Neuburg Im Hintergrund der Szenerie läuft eine Uhr. Die Zeit, sie läuft ab. Es sind die Stunden und Minuten, die dem Protagonisten Klick verbleiben, um seine Arbeit zu verrichten: das Bauen eines Turms aus Würfeln. Immer wieder muss Klick von Neuem beginnen. Doch die strenge Dame Klick-Klick ist nie mit seinem Ergebnis zufrieden. „Ungerecht“, raunt jemand aus der jungen Besucherkulisse. Tja, die Welt der Erwachsenen ist kompliziert. Diese Komplexität wird dem insgesamt gelungen Kinderstück „Klick, Bing und Boing“allerdings etwas zum Verhängnis – zumal sich das Spiel der Akteure auf Gebärden begrenzt. Im Neuburger Stadttheater feierte es nun sein Debüt.
Jeden Tag dasselbe Theater. Der Wecker klingelt, Mama steht auf, um zur Arbeit zur fahren. Zurück kehrt sie erst spät. Zuhause angekommen, schimpft sie. Sie entrüstet sich über ihre Arbeit, ihre Mühen und ihren Alltag. Wie gerade dieser auf Kinder wirken muss? Nicht positiv, so vieles scheint klar. Doch mit eben diesem Dilemma beschäftigt sich die Inszenierung um die Dame Klick-Klick, den arbeitsamen Klick und das Kind Bing. „Die Welt der Erwachsenen ist sehr reglementiert“, sagt Sepp Egerer, der die Figur des Klicks übernimmt. „Viele Eltern folgen ihrem Arbeitsalltag schon seit mehr als 50 Jahren.“Die Inszenierung aber zeige, wie dieser Rhythmus durchbrochen werden kann. In der Rolle des Kindes könne Bing als Hilfestellung dienen und das Dilemma auflösen, erklärt er weiter. So sei die Welt nicht mehr nur schwarz und weiß. „Sie ist bunt.“Und tatsächlich bringt Kerstin Egerer als Bing mit ihren Kringelsocken Farbe auf die Bühne des Stadttheaters.
Vor etwa eineinhalb Jahren hat sich das Trio in aktueller Besetzung zusammen getan. „Klick, Bing und Boing“ist bereits das dritte gemeinsam inszenierte Stück für Kinder. Mit nach Neuburg gebracht hat es Vicky Müller-Toùssa. „Das Stück stammt aus meiner Kinder- und Jugendtheaterzeit in Regensburg“, erzählt sie. Der vierjährige Noah zeigt sich jedenfalls begeistert von der Handlung: „Toll“, schwärmt der Bub nach der Vorstellung. Nur mit einer Figur habe er sich nicht angefreundet: der Dame Klick-Klick. Die Schauspielerin Vicky MüllerToùssa muss lachen. Sie hat an diesem Morgen einige dieser Sätze gehört. In ihrer Schauspielkarriere mimt sie üblicherweise den „Liebling“– daher freut sie sich, auch einmal in der Haut der Bösewichtin stecken zu dürfen. „Da gibt es so viele Möglichkeiten mehr“, betont sie augenzwinkernd.
Das Clownerie-Stück kommt ohne Worte aus und beschränkt sich größtenteils auf Mimik und Gestik der Darsteller. Lediglich eine Tröte, die das martialische Thema des Bösen aus der „Krieg der Sterne“stilisiert, kommt zum Einsatz, wenn die Dame Klick-Klick auftritt. „Die Fantasie der Kinder hat mehr Raum“, erklären die drei Akteure. „Man muss plakativ spielen.“ Gleichzeitig dürfe die Natürlichkeit des Spiels nicht verloren gehen. Was Wunder, dass sich die Inszenierung vieler sprechender Details bedient: So stehen etwa die Zahlen auf den Würfeln für einen mathematischen Code, der auf die Schnelllebigkeit der Welt verweist. Daneben kleiden Hut und Aktentasche den Protagonisten Klick uniform – von seinem roboterhaften Wesen ganz zu schweigen. Klick ist Arbeiter, ein Zulieferer und fügt sich damit brav in die Routinen des Alltags.
All dies ist viel Symbolik für ein Stück, das sich ab vier Jahren empfiehlt. „Einige Kinder hatten wohl Schwierigkeiten, alles zu verstehen“, räumt Anna-Lena Pflieger vom Kindergarten Sonnenhügel ein. Auch Schützling Selina hat sich schwer getan, die abstrakte und stumme Darbietung nachzuvollziehen. In dieser Sprachlosigkeit eröffnet sich für ganz kleine Zuhörer die Schwäche des Stücks. Manchmal benötigt Ungesagtes vielleicht doch ein paar Worte. Von Selina gibt es trotzdem beide Daumen hoch.