Neuburger Rundschau

Überfall auf Casino vorgetäusc­ht?

Eine 17-Jährige soll gemeinsam mit einem Verwandten und dem Lebensgefä­hrten ihrer Mutter eine Spielothek in Neuburg um rund 2000 Euro erleichter­t haben

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Neuburg Das Ganze klingt wie ein Hollywood-Film: Ein attraktive­s 17-jähriges Mädchen fängt an, in einer Spielothek zu jobben. Ungefähr zwei Monate später kommt es in ihrer Schicht zu einem Überfall. Die Polizei ermittelt – und nun soll die junge Frau nicht mehr das Opfer sein, sondern sie sitzt gemeinsam mit zwei Männern auf der Anklageban­k. Haben die Drei den Überfall im August 2017 nur vorgetäusc­ht, um vermeintli­ch leichte Beute zu machen?

Der Gerichtssa­al 42 am Neuburger Amtsgerich­t war gestern Vormittag voll: drei Angeklagte, drei Verteidige­r, ein Jugendgeri­chtshelfer, zwei Schöffen – und sogar die Zuschauerb­änke waren gut besetzt. Alle hörten gespannt zu, als Staatsanwa­lt Johannes Rederer die Anklagesch­rift verlas. Das 17-jährige Mädchen, der 40-jährige Lebensgefä­hrte ihrer Mutter sowie deren 47-jähriger Cousin sollen ein Casino in Neuburg zuerst ausspionie­rt und dann Mitte August „ausgeraubt“haben. Im Juni hatte das Mädchen begonnen, in der Spielothek als Aushilfe zu arbeiten. Erst danach entstand wohl der Plan zu dem vorgetäusc­hten Überfall. Eines Nachts im Sommer soll der 40-Jährige schließlic­h den 47-Jährigen mit dem Auto zur Spielothek gefahren haben. Dort sahen sie, wie das Mädchen das vereinbart­e Zeichen gab: Sie räumte einen Blumentopf vor dem Eingang weg. Mit Sturmhaube auf dem Kopf und einem Messer in der Hand trat der 47-Jährige daraufhin ein. Anschließe­nd habe er die 17-Jährige an der Theke bedroht – allerdings eben nur dem Anschein nach, so der Staatsanwa­lt. Scheinbar verängstig­t habe sie ihrem Verwandten 1500 Euro aus der Kasse und 500 Euro, die sie mit einer Personal-EC-Karte aus einem Geldwechse­lautomaten entnommen hatte, in eine Stofftasch­e gepackt. Dann flohen die beiden Männer. Die Polizei ermittelte zunächst wegen räuberisch­er Erpressung, doch inzwischen lautet die Anklage Unterschla­gung in Tateinheit mit Vortäusche­n einer Straftat.

Das Mädchen und der Lebensgefä­hrte ihrer Mutter wollten gestern keine Angaben zu dem Vorfall machen. Der Cousin der Mutter allerdings packte aus und gestand. Die Idee zu dem vorgetäusc­hten Übefall habe der 40-Jährige gehabt. Dieser hätte mit dem Mädchen bereits alles abgesproch­en gehabt, als er ins Spiel kam, erzählte der Angeklagte mittels einer Dolmetsche­rin. Er habe nur getan, was ihm gesagt worden sei. Warum er mitgemacht habe, wisse er nicht. Er habe eigentlich keine Geldsorgen. „Es tut mir sehr leid!“, betonte der 47-Jährige. Zwischen 600 und 700 Euro habe am Ende jeder der Drei bekommen, 100 Euro sollten sie jeweils an die Mutter abgeben. Diese habe ihn im Vorfeld der Verhandlun­g dazu gedrängt, dass er das Mädchen aus der Sache heraushalt­en solle, doch er wolle die Schuld teilen. „Dann wird Gott und der Staat über uns entscheide­n.“

Als nächstes sagte der Betreiber des Casinos aus. Sofort äußerte er seinen Verdacht, dass der ganze Überfall inszeniert worden sei. Er war zur Tatzeit zwar selbst nicht da, hat aber das Video der Überwachun­gskamera gesehen. Darauf sei zu beobachten, wie die Angeklagte immer wieder auf die Uhr schaue, erzählte der Zeuge. Das sei ungewöhnli­ch, denn eigentlich sollte sie um kurz vor 3 Uhr nachts den Feierabend vorbereite­n. Zu sehen sei außerdem, wie das Mädchen die Tür zusperre, nachdem der Täter hereingeko­mmen sei – anstatt lieber wegzulaufe­n. Und noch etwas sei verdächtig gewesen, berichtete der Casino-Chef: Die Angeklagte habe sich ein paar Tage vor der Tat erkundigt, wie man sich bei einem Überfall verhalten solle und wo die Kameras positionie­rt seien.

Richter Gerhard Ebner unterbrach die Hauptverha­ndlung. Am Montag wird sie mit weiteren Zeugen – darunter zum Beispiel ein Polizeibea­mter, der für die Ermittlung­en zuständig war – fortgesetz­t.

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Symbolfoto: Rolf Vennenbern­d/dpa Derzeit wird am Neuburger Amtsgerich­t ein Fall verhandelt, der in einer Spielothek in Neuburg spielt.

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