Lächeln wie man es gelernt hat
Die Ladenhüterin – gratulieren muss man dem Aufbau-Verlag auf jeden Fall schon einmal zum Titel, der im Deutschen vielleicht vielschichtiger klingt als im Japanischen: Konbini Ningen. Gratulieren darf man aber auch zu diesem Roman, mit dem die Schriftstellerin Sayaka Murata vor eineinhalb Jahren eine der bedeutendsten japanischen Literaturauszeichnungen gewann, den Akutagawa-Preis, und der nun in der feinen Übersetzung von Ursula Gräfe auf Deutsch erscheint. Erzählt in der Ich-Perspektive von Keiko Furukura, Aushilfs-Verkäuferin in einem 24-Stunden-Supermarkt, zeichnet die Schriftstellerin das Bild einer konformistischen Gesellschaft, in der jedes Mitglied argwöhnisch aufs ordentliche Funktionieren hin beäugt wird. Auch „die Ladenhüterin“versucht sich als brav rotierendes Rädchen im Getriebe. Aber „normal“ist sie nicht. Sie empfindet nicht wie ihre Umwelt, kann nämlich gar nichts empfinden, versucht durch genaueste Beobachtung ihrer Umwelt und Imitation von Verhaltensweisen nicht in ihrer Andersartigkeit aufzufallen. Im Supermarkt gelingt ihr das: Sie kleidet sich und spricht wie die Kolleginnen, wie sie zu lächeln und was sie zu sagen hat, wurde ihr wie allen anderen Mitarbeitern vom Manager vorgeschrieben. Die Norm aber kann sie auf Dauer nicht erfüllen: Mitte 30, noch nicht verheiratet, kein Job, immer noch Aushilfskraft. Die Gesellschaft wird wieder auf sie aufmerksam… 160 Seiten – kurz, klug, absurd, anders.