In der Ruhe liegt die Kraft
Wie US-Star Mikaela Shiffrin in Ofterschwang quasi im Schlaf zwei Weltcup-Kristallkugeln einsammelte. Die deutschen Frauen dagegen ernten viel Kritik
WELTCUP IN KVITFJELL/NORWEGEN Ofterschwang Entspannung ist für Mikaela Shiffrin wichtig. Man könnte auch sagen, schlafen ist ihre Lieblingsbeschäftigung. „Ich bin ein professioneller Schläfer“, sagte sie Anfang des Jahres in einem Interview. Kein Wunder, dass Shiffrin von ihren Freunden in Anlehnung an Sir Lancelot „Sir Naps-A-Lot“(in etwa „Sir Schläft-gern-viel“) genannt wird.
Auch in Ofterschwang wirkte der US-Skistar während der vergangenen Tage entspannt. Die 22-Jährige aus Colorado hatte die nacholympischen Weltcuprennen von CransMontana ausgelassen, reiste am Dienstag ins Allgäu, genoss die entspannte Atmosphäre in einem Luxus-Ressort mit viel Schlaf und Physiotherapie. Auf Skiern stand sie erst am Donnerstag wieder, um sich auf zwei nicht ganz unwichtige Weltcuprennen vorzubereiten. Am Freitag wurde sie Zweite im Riesenslalom und damit zum zweiten Mal in Folge Gewinnerin der Gesamtwertung. Mit dem Slalomsieg am Samstag vor Wendy Holdener (Schweiz) und Olympiasiegerin Frida Hansdotter (Schweden, 0,72) holte sich Shiffrin vor knapp 8000 Zuschauern auch ihre fünfte kleine Kugel für diese Disziplin.
Überschwängliche Freude schien das in ihr nicht zu wecken. Nach dem Riesenslalom ballte die „lebende Legende“(Siegerin Ragnhild Mowinckel, Norwegen) kurz die Faust, am Samstag schwenkte sie nach ihrem 42. Weltcupsieg kurz eine amerikanische Flagge – um gleich anschließend wieder ihrem Lebensmotto zu frönen: Shiffrin legte sich in den durch knapp zweistelligen Plusgrade weichen Schnee und mimte die Schlafende. „Ich bin ziemlich langweilig“, sagte sie kurz darauf Gummibärchen kauend in der Pressekonferenz. Diese hätte sie am liebsten von ihrer Pressesprecherin bestreiten lassen, die sie auch am Abend zuvor zur Startnummernverlosung nach Sonthofen geschickt hatte. „Mir ist das alles zu viel Stress“, sagte das US-Girl, das am Dienstag 23 wird und ergänzte: „Manchmal fühle ich mich wie 80.“
Zum Weltcupfinale nach Are kann Shiffrin jedenfalls ganz entspannt fahren; trotzdem will sie Geburtstag und ihre Triumphe „wohl erst nach der Saison feiern“. Denn auch in Schweden will die derzeit weltbeste Skirennfahrerin noch voll bei der Sache sein. Schließlich geht es dort im Februar 2019 um WMMedaillen.
Mit Ausnahme von Viktoria Rebensburg, die beim Ofterschwanger Riesenslalom Zweite wurde, dürften diese für andere deutsche Rennläuferinnen wohl außer Reichweite bleiben. Auch beim Slalom am Ofterschwanger Horn enttäuschte das DSV-Team, dessen beste Athletin Marina Wallner auf Platz 18 landete. Christina Geiger aus Oberstdorf fehlte bei ihrem Heimrennen verletzt, Lena Dürr schied ebenso im ersten Lauf aus wie die Wahl-Allgäuerin Maren Wiesler (Fischen/SC Münstertal), die sogar über ein Karriereende nachdenkt.
„Nicht glücklich“sei er über die Situation, sagte DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier. Frauen-Cheftrainer Jürgen Graller beklagte vor allem die Tatsache, dass es beim Nachwuchs nicht viel besser aussehe. In zwei Wochen, so Maier, werde man sich mit Trainern und Athleten an einen Tisch setzen, um über neue Konzepte zu sprechen, die die Situation verbessern sollen.