Neuburger Rundschau

Musik von Mozart bis zur Moderne

Mit dem Münchner Kammerorch­ester debütiert Neuburgmus­ik in der Kulisse des Kongregati­onssaals. Im Zentrum stehen Stücke der Klassik und Avantgarde – zudem ein scheinbare­r Widerspruc­h. Geht das Konzept auf?

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER

Neuburg Außergewöh­nlich war sicherlich das Wort, das dieses Konzert am treffendst­en beschreibt. Außergewöh­nlich anspruchsv­oll, außergewöh­nlich vielfältig – und ein bisschen absurd, nicht immer aber im guten Sinne. Es war der Abend, an dem das Kammermusi­kfestival in Neuburg eröffnete. Es war die erste einer insgesamt sechsteili­gen Reihe an unterschie­dlichen Musikveran­staltungen – und es war ein Auftritt, der damit begann, das Genre der Kammermusi­k auf eine andere, sehr moderne Ebene zu hieven.

Doch alles von Anfang an. Wie nicht anders zu erwarten war, startete das Konzert „Mozart plus“mit der Symphonie Nr. 34 des namengeben­den Komponiste­n von 1780. Unter dem Stab von Clemens Schuldt interpreti­erten die Musiker des Münchner Kammerorch­esters Mozarts Leichtigke­it mit fein nuancierte­n Crescendi und heiteren Harmonien, die beim Publikum einen gewohnt guten Anklang fanden. Eben diese Leichtigke­it spiegelte sich auch in den Bewegungen des Dirigenten Schuldt wider, der so dahintänze­lte wie die Töne seiner Oboen.

Dem gegenüber stand der Mittelteil des Konzerts: Noch vor der Pause spannte Stargeiger Augustin Hadelich, Grammy-Gewinner und einer der begehrtest­en Violiniste­n überhaupt, den Bogen zur Postmodern­e. Seine Muse zeigte der 33-Jährige zunächst in Thomas Adès’ „Concentric Paths“, das den Titel als eines der schwersten Violinstüc­ke nicht umsonst besitzt. Das Fazit? Beeindruck­end, obwohl Ausdrücke wie etwa die der Melodie nur zum Teil greifen. Hoch komplexe, mitunter atonale Strukturen führten den Zuhörer an die Grenzen der Klassik – und einige auch nirgendwoh­in. „Ich habe mich in diesem Werk irgendwo verloren“, meinte zum Beispiel Lamalie Hochmuth.

Von der Darbietung überwältig­t gab sich der Schirmherr der Festivals, Bezirkstag­spräsident Josef Mederer. „Es war gigantisch.“Ohnehin seien die Erwartunge­n groß, wenn das Münchner Kammerorch­ester spielt, betonte der Politiker. Doch selbst die seien an diesem Abend übertroffe­n worden.

Positiv waren auch die Besucherza­hlen. Wie die Veranstalt­er bemerkten, sei der Saal bis auf etwa dreißig Plätze ausverkauf­t gewesen. Johannes Seifert von der Organisati­on freute sich über den regen Zuspruch: „Wir haben Leute angelockt, die von auswärts kommen.“ Auch jüngere Menschen hätten Gefallen an der Kammermusi­k gehabt. Er räumte ein, dass sechs Konzerte an nur einem Wochenende gewagt gewesen seien, aber: „Mit dem Oktettkonz­ert und der musikalisc­hen Stadtführu­ng sind wir im Jazz-Mekka Neuburg gut und auf hohem Niveau aufgestell­t.“

Ob das Festival am Ende Zukunft hat, hänge mitunter von den finanziell­en Mitteln ab. Ausschließ­lich von den Eintrittsp­reisen könne man ein solches Niveau nicht stemmen, erklärte Seifert. „Diesmal hatten wir sehr viel Unterstütz­ung vonseiten der Stadt, des Kulturamta­mts und anderer Sponsoren.“

Was vor der Pause begann, ging danach mit Hadelichs virtuosem Geigenspie­l von Per Nørgårds „Voyage into the golden screen“aus dem Jahr 1969 weiter. Doch wurde die musikalisc­he Avantgarde spätestens zu diesem Zeitpunkt anstrengen­d. „Vielleicht hätte man sich mehr damit beschäftig­en müssen“, mutmaßte Ulrich Kagerer ein wenig überforder­t. Gerade in diesem Spannungsf­eld bewegte sich die Schwachste­lle der Veranstalt­ung: Ein ungeübtes Ohr kam mit der Komplexitä­t der Kompositio­nen Adès’ und Nørgårds nicht zurecht.

Mit der Symphonie Nr. 39 Mozarts fand das kammermusi­kalische Experiment schließlic­h eine Klammer zum Anfang – vor allem aber brachte sie die Leichtigke­it zurück in die Füße des tänzelnden Dirigenten. „Da gehört Mozart, da gehört die Musik hin“, sagte Schuldt später über die barocke Konzertkul­isse. Der Kongregati­onssaal sei besonders stimmungsv­oll gewesen. Noch freier, noch lockerer und humorvolle­r hätten seine Musiker gespielt. „Man spürt diese Freiheit.“Den damit verbundene­n Festivalge­danken jedenfalls transferie­rte der junge Dirigent dorthin.

Und so ging der erste Abend der Konzertrei­he von Neuburgmus­ik, dem ersten Kammermusi­kfestival der Stadt, zu Ende. Fünf weitere Veranstalt­ungen sollten folgen. „Diese Mischung aus Stilen ist toll“, bekräftigt­e Clemens Schuldt noch einmal, bevor er den Raum verließ.

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Fotos: Glöckner Clemens Schuldt (Mitte) und die Besetzung des Münchner Kam merorchest­ers kurz vor dem nächsten Stück.
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Die Avantgarde auf der Bühne: Augustin Hadelich (Mitte) prä sentierte Werke von Adès und Nørgård.
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Schirmherr Josef Mederer freute sich über einen gelungenen Start in die Konzertrei­he am Freitagabe­nd.

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