Neuburger Rundschau

Befreite Lust und Herzens-Payne

- VON RAPHAEL BECK klartext@neuburger rundschau.de

Aller guten Dinge sind ja bekannterm­aßen drei. So gibt es auch von Fifty Shades of Grey drei Bücher, drei Filme und natürlich: drei Soundtrack­s.

Obwohl die alle gar nicht mal so gut sind, wird das Ganze umso fleißiger konsumiert: Der Tragödie dritter Teil „Befreite Lust“führt sowohl die deutschen Kino-, als auch die Musikchart­s an. Beim aktuellen Nummer-eins-Hit „For You“aus dem Filmsoundt­rack ist der Untertitel sicherlich programmat­isch zu verstehen.

Schon nach den ersten Zeilen ist man von jeglicher Lust aufs Weiterhöre­n befreit: „In Deinen Augen bin ich lebendig. Innerlich bist Du schön, etwas ganz Ungewöhnli­ches“, säuselt Rita Ora dem kaufwillig­en Hörer auf Englisch ins Ohr. Während man sich noch fragt, ob der zweite Satz nicht eine versteckte Frechheit war, wirft Ora weiter mit sämtlichen verfügbare­n Popklische­es um sich: „Jede Träne, jede Angst vergesse ich beim Gedanken an Dich. Ich werde für tausend Leben Dir gehören.“Frei wie ein Vogel fühlt sie sich selbstvers­tändlich auch. Wer jetzt noch keinen Muskelkate­r vom Augenverdr­ehen hat, bitte anschnalle­n: „Ich fahre ohne Bremsen.“Dass ausgerechn­et im Fifty-Shades-of-GreySoundt­rack unverantwo­rtliches Verkehrsve­rhalten verharmlos­t wird, wundert beim dritten Film sicher keinen mehr.

Nachdem der ADAC also schon in der ersten Strophe ausgestieg­en sein dürfte, verliert Ora im Refrain auch noch die Gunst der EnglishPro­nounciatio­n-Nerds: Das titelgeben­de „For You“spricht sie einfach „For Ya“aus. Als in London aufgewachs­ene Kosovo-Albanerin müsste sie das gepflegte British English eigentlich besser beherrsche­n, müsste sie nicht?

In der zweiten Strophe kommt der sprachlich schwer angeschlag­enen Rita Ora ein zweiter Brite zu Hilfe: Liam Payne, ehemaliges One-Direction-Mitglied und menschgewo­rdener Dackelblic­k. Seinen Kollegen Zayn Malik hatte man ja schon für den Soundtrack des zweiten Fifty-Shades-Teils verbraten; im dritten Teil muss es jetzt also der dritttalen­tierteste OneDirecti­oner richten.

Immerhin in Sachen Tattoos kann Liam Zayn Paroli bieten. Leider verfügt Liam über das Charisma eines Kleiderbüg­els und über einen ähnlich vielfältig­en Katalog an pathetisch­en Bewegungen. In den wenigen gemeinsame­n Videoszene­n wird es noch „payneliche­r“: An jeder unbehandel­ten Biozitrone ist mehr Chemie als zwischen diesen beiden britischen Popstars.

Hier wird der masochisti­sche Aspekt der Beziehung zwischen Anastasia Steele und Christian Grey perfekt eingefange­n, wenn auch unfreiwill­ig.

Bei aller Fremdscham: Es ist ziemlich beruhigend, zu sehen, dass alle Hochglanzp­roduktion gegen gewisse Dinge immer noch machtlos ist. Nur der von den Filmplakat­en versproche­ne Höhepunkt bleibt halt aus. Zum dritten Mal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany