Befreite Lust und Herzens-Payne
Aller guten Dinge sind ja bekanntermaßen drei. So gibt es auch von Fifty Shades of Grey drei Bücher, drei Filme und natürlich: drei Soundtracks.
Obwohl die alle gar nicht mal so gut sind, wird das Ganze umso fleißiger konsumiert: Der Tragödie dritter Teil „Befreite Lust“führt sowohl die deutschen Kino-, als auch die Musikcharts an. Beim aktuellen Nummer-eins-Hit „For You“aus dem Filmsoundtrack ist der Untertitel sicherlich programmatisch zu verstehen.
Schon nach den ersten Zeilen ist man von jeglicher Lust aufs Weiterhören befreit: „In Deinen Augen bin ich lebendig. Innerlich bist Du schön, etwas ganz Ungewöhnliches“, säuselt Rita Ora dem kaufwilligen Hörer auf Englisch ins Ohr. Während man sich noch fragt, ob der zweite Satz nicht eine versteckte Frechheit war, wirft Ora weiter mit sämtlichen verfügbaren Popklischees um sich: „Jede Träne, jede Angst vergesse ich beim Gedanken an Dich. Ich werde für tausend Leben Dir gehören.“Frei wie ein Vogel fühlt sie sich selbstverständlich auch. Wer jetzt noch keinen Muskelkater vom Augenverdrehen hat, bitte anschnallen: „Ich fahre ohne Bremsen.“Dass ausgerechnet im Fifty-Shades-of-GreySoundtrack unverantwortliches Verkehrsverhalten verharmlost wird, wundert beim dritten Film sicher keinen mehr.
Nachdem der ADAC also schon in der ersten Strophe ausgestiegen sein dürfte, verliert Ora im Refrain auch noch die Gunst der EnglishPronounciation-Nerds: Das titelgebende „For You“spricht sie einfach „For Ya“aus. Als in London aufgewachsene Kosovo-Albanerin müsste sie das gepflegte British English eigentlich besser beherrschen, müsste sie nicht?
In der zweiten Strophe kommt der sprachlich schwer angeschlagenen Rita Ora ein zweiter Brite zu Hilfe: Liam Payne, ehemaliges One-Direction-Mitglied und menschgewordener Dackelblick. Seinen Kollegen Zayn Malik hatte man ja schon für den Soundtrack des zweiten Fifty-Shades-Teils verbraten; im dritten Teil muss es jetzt also der dritttalentierteste OneDirectioner richten.
Immerhin in Sachen Tattoos kann Liam Zayn Paroli bieten. Leider verfügt Liam über das Charisma eines Kleiderbügels und über einen ähnlich vielfältigen Katalog an pathetischen Bewegungen. In den wenigen gemeinsamen Videoszenen wird es noch „paynelicher“: An jeder unbehandelten Biozitrone ist mehr Chemie als zwischen diesen beiden britischen Popstars.
Hier wird der masochistische Aspekt der Beziehung zwischen Anastasia Steele und Christian Grey perfekt eingefangen, wenn auch unfreiwillig.
Bei aller Fremdscham: Es ist ziemlich beruhigend, zu sehen, dass alle Hochglanzproduktion gegen gewisse Dinge immer noch machtlos ist. Nur der von den Filmplakaten versprochene Höhepunkt bleibt halt aus. Zum dritten Mal.