Eine große Familie feiert Geburtstag
Die Caritas Tagesstätte gibt es in Neuburg seit 20 Jahren. Was dort geschieht
Neuburg Gestern herrschte geschäftiges Treiben in der Caritas Tagesstätte. Denn am heutigen Mittwoch wird dort Geburtstag gefeiert. Die Tagesstätte für seelisch kranke Menschen feiert einen runden Geburtstag. Vor 20 Jahren wurde sie gegründet. Damals mit zwei Angestellten und rund zehn Besuchern. Nach 20 Jahren hat die Tagesstätte zwei Umzüge hinter sich und mittlerweile arbeiten dort sechs Mitarbeiter: Zwei Heilerziehungspflegerinnen, zwei Betreuungshelferinnen und eine Diplomsozialpädagogin neben dem Leiter der Einrichtung, Christoph Müller. Täglich kommen rund 40 Besucher in die Räumlichkeiten in der Marienstraße.
Wie wichtig die Tagesstätte in Neuburg ist, zeigen nicht nur die blanken Zahlen, die Christoph Müller vorlegen kann. Der Diplomsozialpädagoge führt akribisch Buch über die Besucher. Schließlich ist das die Grundlage für die Abrechnung mit dem Bezirk von Oberbayern, der diese Einrichtung finanziert. Viel wichtiger als die Zahlen ist der Blick in die Gesichter der Besucher. Egal ob jung oder alt, egal ob Frau oder Mann, egal ob arm oder reich. Sie alle eint eine Sehnsucht nach Anerkennung, nach sozialen Kontakten, nach sinnvoller Beschäftigung und nach einem individuellen Lebensrhythmus.
All das finden Menschen in der Tagesstätte, deren Leben aus ganz unterschiedlichen Gründen aus den Fugen geraten ist. Seelische Erkrankungen resultieren oft aus zu hohen Belastungen im Alltag, aus Krankheit oder Trennung. Ein Angehöriger stirbt und plötzlich fehlen die sozialen Kontakte. Oder man geht in Rente und verliert mit der Arbeit den täglichen Rahmen, der einen hält. Die Nachfrage nach offenen, kreativen Angeboten, Arbeitstherapien und Feizeitangeboten ist bei Menschen mit seelischen Erkrankungen sehr groß.
Das offene Prinzip der Tagesstätte, die nicht nach Gutachten oder ärztlichen Befunden fragt und die auch gar nicht die Krankheit thematisieren will, sondern die Menschen aus dem Abseits in Kontakt und Beschäftigung bringen will, ist sehr angesehen und auch sehr stark nachgefragt. Der Weg in die Tagesstätte soll so einfach und unbürokratisch wie möglich sein. Wer kommen will, kann kommen. Das bestätigt Christoph Müller, der weiß, wie schwer sich Erkrankte alleine bei diesem Schritt tun: „Mit einem gebrochenen Arm wird man bemitleidet, mit einer seelischen Erkrankung dagegen immer noch ausgegrenzt.“
Alleine 2017 haben sich 33 Neuvorstellungen die Tagesstätte angesehen. Von denen sind 13 als ständige Besucher geblieben. Die Tagesstätte bietet mit ihrem Programm einen festen Tagesablauf. Vormittags werden meist arbeitstherapeutische Aufträge erfüllt, nachmittags helfen Beschäftigungsangebote wie beispielsweise Ausflüge oder autogenes Training. Es wird zusammen gekocht und zusammen gegessen. Und zusammen gelacht. „Die Besucher unterstützen sich oft gegenseitig, es entstehen Freundschaften.“Deshalb kämen viele der Besucher regelmäßig fünf Mal die Woche, erzählt Müller weiter.
Und auch den Ablauf des 20. Geburtstags ihrer „Großfamilie“bestimmen die Besucher zusammen mit den Mitarbeitern. Zuerst findet in der Heilig-Geist-Kirche um 9 Uhr ein Jubiläumsgottesdienst statt, den die Besucher mitgestalten. Danach wird gefeiert. Aber nicht mit langen Reden, sondern mit dem, was die Tagesstätte auszeichnet. Mit einem Miteinander. Eine bunte Geburtstagsfeier soll es sein.
Seit 2013 befindet sich die Tagesstätte in den Räumen in der Marienstraße. Aber der Platz wird auch dort schon eng. „Noch erhalten wir keine Genehmigung zur Erweiterung vom Bezirk. Aber wer weiß“, meint Müller mit einem Blick in die Zukunft.