Mehr alte Kfz Kennzeichen
Der Chippendale im Wohnzimmer, die Schlaghosen im Schrank, das Kennzeichen am Auto: Nostalgie nimmt Fahrt auf – ausnahmsweise im Wortsinn. Denn die Zahl der Retro-Nummernschilder im Kreis wächst
Die Schlaghose im Schrank, das alte Kennzeichen am Auto: Nostalgie nimmt Fahrt auf und die Zahl der Retro-Nummernschilder wächst, auch in der Region.
Neuburg Schrobenhausen Was gestern war, ist heute cool. Nostalgie ist kein neues Phänomen. In Kunst und Kultur seit jeher Mittel zum Ausdruck, wird sie in der Mode immer wieder aufs Neue durchgespielt. Doch das nur am Rande. Es ist nämlich noch nicht lange her, da sie auch Einzug in Transport und Logistik – und damit in die Welt des Autos – gehalten hat.
Seit Juni 2013 bekommt man in den Zulassungsstellen der Region wieder Kennzeichen mit dem Ortskürzel des Altlandkreises Schrobenhausen. Im Kontext der Gebietsreform von 1972 waren diese für knapp vier Jahrzehnte weggefallen. Doch in den vergangenen Monaten haben sich die SOBs auf den Straßen vermehrt – und die Zahl steigt weiter. Wie das Landratsamt vermeldet, waren Ende März exakt 8236 Fahrzeuge mit dem Kennzeichen-Kürzel SOB für Schrobenhausen zugelassen. Noch im Dezember 2013 lag die Zahl bei nur 1665. Seit der Neuregelung können die Kennzeichen neben bayernweit knapp 70 anderen Kürzeln wieder eingeführt werden. Der Freistaat ist damit laut Innenministerium bundesweiter Spitzenreiter. Zuvor galt ND für die gesamte Region.
Als Mitarbeiterin im Kfz-Kennzeichengeschäft von Christoph Kroschke in Neuburg wird Angelika Scholz nur selten mit SOB-Kürzeln konfrontiert. „Vereinzelt kommen Leute“, sagt sie. Zurückzuführen sei das wohl auf die Entfernung zu Schrobenhausen. „Es ist einfach zu weit weg. Deshalb ist bei uns die Nachfrage eher verhalten.“ND-Kennzeichen sind dagegen weiter der Renner. Nach Statistiken, die dem Landratsamt vorliegen, sind fast 93000 Fahrzeuge darauf registriert. Grundsätzlich, glaubt Angelika Scholz, sei den Menschen ein örtliches Kürzel als Ausdruck ihrer Heimatverbundenheit wichtig.
Derselben Ansicht ist Heike Dimmer, deren Fiat ein ND ziert. Die Familie der Neuburgerin hat zwei weitere Autos in der Garage geparkt – an Front und Heck tragen die Wagen ebenfalls die Abkürzung ND für Neuburg an der Donau. „Und jeder weiß, woher wir kommen.“
Dass das Prinzip der Zugehörig- keit nicht immer greift, zeigt der Fall Rain. Die Gemeinde östlich von Donauwörth gehört mittlerweile zum Landkreis Donau-Ries. Mit gut 9000 Fahrzeugen sind in hiesigen Gefilden mehrheitlich die drei Buchstaben DON zu sehen. Seit 2013 können Rainer auch das Kfz-Kürzel NÖ für das ebenfalls im Landkreis, aber 40 Kilometer entfernt gelegene Nördlingen beantragen. Immerhin 81 Fahrzeughalter aus Rain haben sich dafür entschieden.
Auch Neuburger fahren mit unterschiedlicher Etikettierung. Wie Sabine Gooss vom Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen mitteilt, seien alleine in Neuburg 82 verschiedene Kennzeichen unterwegs. In Schrobenhausen sind es 51. Dabei handle es sich um Mitnahmekennzeichen, sagt die Pressesprecherin. So könnten zugezogene Bürger seit dem Jahr 2015 Kennzeichen aus anderen Gegenden und Bezirken mitnehmen. Das heißt,
Ein Kennzeichen als politisches Statement
erklärt Gooss weiter, „wenn sie vorher in München gewohnt haben, können sie ihr Münchener Kennzeichen behalten.“
Zugehörigkeit also? Stadtrat und Kreistagsmitglied Horst Winter jedenfalls hat für Konflikte wie jenen in Rain einen Kompromiss gefunden: Auf dem Nummernschild seines Wagens steht „SOB ND 22“als Abkürzung für Schrobenhausen, Neuburg und seinen Listenplatz als Landtagskandidat im Jahr 2013. Ganz bewusst habe er dieses Kennzeichen vor dem Wahlkampf gewählt – auch wenn er als Neuburger von einigen Mitbürger Skepsis erntete. Denjenigen entgegnete er: „Ich bin ein Landkreisbewohner. Deshalb habe ich beides auf meinem Auto stehen: Schrobenhausen und Neuburg“, bekräftigt er das politische Statement. Inzwischen aber sei die Skepsis verflogen. Heute freut sich Winter über den Wiedererkennungswert seines Nummernschildes. „Bei aller Ernsthaftigkeit der Politik kann das Auto doch individuell gestaltet sein“, findet er.
Übrigens sind insgesamt 100 789 Fahrzeuge im Landkreis zugelassen. Die Dichte an Fahrzeugen liegt damit über der Einwohnerzahl von mehr als 100 000.