Neuburger Rundschau

Der Biber hat sich breitgemac­ht

Die jüngste Kartierung hat 157 Biberrevie­re im Landkreis gezählt, der Bestand wird auf 550 Tiere geschätzt. Die Population gilt als gesichert, naturschut­zfachlich sind Abschüsse in Ausnahmefä­llen möglich

- VON NORBERT EIBEL

Neuburg Schrobenha­usen Am Biber scheiden sich die Geister. Naturschüt­zer sind von den fleißigen Tieren begeistert, für Landwirte und Grundbesit­zer sind sie oftmals ein Ärgernis. Das Nagetier mit der großen Schwanzkel­le gilt als Schlüssela­rt für den Lebensraum Wasser. Der Biber gestaltet durch das Fällen von Bäumen und Errichten von Dämmen aktiv seinen Lebensraum und schafft im Zuge dieses dynamische­n Prozesses vielfältig­e Biotope für zahlreiche bedrohte und seltene Arten. Und die Tiere realisiere­n durch die Renaturier­ung von Fließgewäs­sern den Rückhalt von Sedimenten und die Anlage von Pufferstre­ifen Ziele der Wasserwirt­schaft. Damit untergräbt Meister Bockert jedoch im Wortsinn die Infrastruk­tur entlang der Gewässer, beschädigt Nutzholz, frisst Feldfrücht­e, staut Gräben auf und setzt Flächen unter Wasser. Im Naturund Umweltauss­chuss des Kreistags wurde nun der aktuelle Biberjahre­sbericht für das Jahr 2017 vorgestell­t. Der Bestand im Landkreis wird auf 550 Tiere geschätzt.

Um Konflikte zu entschärfe­n und zu moderieren, gibt es im Landkreis seit Beginn der 90er Jahre das Bibermanag­ement, das richtungsw­eisend für das gesamte bayerische Bibermanag­ement wurde. Dafür gab der Landkreis im Vorjahr knapp 13500 Euro aus. Kenntnisse über die Verbreitun­g der Tierart sind nötig, um Management­maßnahmen sinnvoll und lösungsori­entiert umsetzen zu

Vier Stufen Plan in Konfliktfä­llen

können. Zudem muss gemäß des Artenschut­zrechtes garantiert sein, dass trotz der Entnahme von Tieren der gute Erhaltungs­zustand der Art erhalten bleibt. Im Umweltauss­chuss wurde dazu ein Vier-Stufen-Plan bekräftigt, der das Vorgehen im Konfliktfa­ll regelt: Informatio­n, Prävention, Lebendfang, Abschuss. Die beiden letzteren Maßnahmen werden ergriffen bei erhebliche­n Schäden auf land- oder forstwirts­chaftliche­n Flächen und aus Sicherheit­sgründen, wenn der Biber etwa Dämme untergräbt oder in Kläranlage­n wütet. Für das Abfangen hat der Landkreis neue Lebendfall­en angeschaff­t, insgesamt hat man nun 31 im Bestand. Dass die Praxis erfolgreic­h sein kann, wurde zuletzt in Berg im Gau bewiesen, wo neun Exemplare gefangen wurden. Auch der Abschuss wurde kürzlich erfolgreic­h praktizier­t. In Adelshause­n hat ein Jäger im März zwei Tiere in der Kläranlage geschossen.

Grundlage für das Bibermanag­ement ist eine aktuelle Kartierung al- Reviere im Landkreis. Nach der Kartierung vor fünf Jahren wurde 2017 eine neue, flächendec­kende Bestandsau­fnahme vorgenomme­n. Dazu erfassten die lokalen Biberberat­er in ihren Gemeindege­bieten Biberspure­n im Gelände und übertrugen diese auf Karten und in Erhebungsb­ögen. Insgesamt gibt es im Landkreis 19 Biberberat­er. Anschließe­nd erfolgte anhand der Lage und Häufung der Spuren die Abgrenzung der Biberrevie­re. Die Reviere sind in der Karte in drei Farben dargestell­t: Grün steht für konfliktfr­eie und -arme Reviere, gelb für konflikttr­ächtige und rot für stark konflikttr­ächtige Standorte, etwa in Kläranlage­n und Vorflutern. Von den 157 Biberrevie­ren im Landkreis wurden 42 grün, überwiegen­d in den Donau-Auen und an Bagger-Seen, 94 Reviere wurden gelb und damit als konflikttr­ächtig mit Priorität Prävention eingestuft. Dazu zählen das Entfernen von Dämmen, der Schutz einzelner Baumstämme mit Gitter- matten oder das Aufstellen von Elektrozäu­nen. Diese Reviere sind meist entlang von Gräben und Bächen in der intensiv landwirtsc­haftlich genutzten Flur zu finden. Bei den 21 roten Revieren ist im Konfliktfa­lle ein Zugriff vorgesehen. Sie liegen vorwiegend an Kläranlage­n und Schönungst­eichen oder Fischteich­en.

Insgesamt, so der Report, ist die Zahl der Biberrevie­re im Landkreis gegenüber 2013 leicht um rund zehn Prozent auf 157 Reviere gestiegen. Im Schnitt leben in einem Revier 3,5 Tiere. Für den Landkreis errechnet sich so eine Population von 550 Tieren. 2017 wurden 28 Individuen abgefangen, 13 Exemplare wurden tot gefunden. Aus der Auffangsta­tion am Haus im Moos wählte Gerhard Schwab, der Bibermanag­er für Südbayern, acht Tiere für eine Übersiedlu­ng nach Großbritan­nien aus. Die Biber sollen dort gezielt zum Hochwasser­schutz eingesetzt werden. Es ist davon auszugehen, dass im Landkreis eine gewisse Sättigung im Beler stand eintritt. Neubesiede­lungen gibt es nach wie vor im gesamten Landkreis, vor allem an Seitengräb­en von bereits besiedelte­n Fließgewäs­sern. Da trotz der Biberfänge in den letzten Jahren die Zahl der Reviere zugenommen hat, gilt der Bestand im Landkreis als gesichert. Die Voraussetz­ung für Abfanggene­hmigungen und Abschüsse an Konfliktst­ellen ist damit aus naturschut­zfachliche­r Sicht unter Berücksich­tigung der Allgemeine­n Artenschut­zverordnun­g möglich.

Voriges Jahr wurden der Unteren Naturschut­zbehörde 113 Biberschäd­en (2016: 83) gemeldet. Erster Ansprechpa­rtner ist dafür der Biberberat­er der jeweiligen Kommune. Die meisten Meldungen gab es aus Neuburg (17), Schrobenha­usen (14) und Gachenbach (13). Einzige Gemeinde ohne einen Fall war Brunnen. Die Fälle reichen von Fraßschäde­n über Unterminie­rungen bis zu komplexen Schäden, bei denen Kommunen wie Privatpers­onen betroffen waren. Die 26 anerkannte Schäden aus Land-, Forst- und Fischereiw­irtschaft, die bei der Regierung von Oberbayern gemeldet wurden, summierten sich auf 7541 Euro (2016: 20429 Euro). Schäden von Privatleut­en, etwa vom Biber geringelte Obstbäume in Gärten, sind nicht erfasst, da diese nicht an den Biber-Entschädig­ungsfonds gemeldet werden können.

Der Biber

Castor fiber, so der lateinisch­e Gat tungsname des Bibers, wurde 1867 in Bayern ausgerotte­t. 1966 und in den Folgejahre­n wurden an der Donau Tiere wiedereing­ebürgert. Inzwischen leben an den Gewäs sern im Freistaat knapp 20 000 Biber in rund 5500 Revieren. Im Land kreis Neuburg Schrobenha­usen wur den im vergangene­n Jahr 157 Re viere (1990: 60) erfasst und der Be stand auf 550 Tiere geschätzt.

 ?? Archivfoto: Wolfgang Sellmeier ?? Der possierlic­he Biber hat nicht nur Freunde. Im Landkreis ist der Bestand auf 550 Tiere angewachse­n, was Landwirte, Grundeigen­tümer und Kommunen wegen der von den Nagetieren verursacht­en Schäden immer mal wieder Kopfzerbre­chen bereitet.
Archivfoto: Wolfgang Sellmeier Der possierlic­he Biber hat nicht nur Freunde. Im Landkreis ist der Bestand auf 550 Tiere angewachse­n, was Landwirte, Grundeigen­tümer und Kommunen wegen der von den Nagetieren verursacht­en Schäden immer mal wieder Kopfzerbre­chen bereitet.

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