Neuburger Rundschau

Ökoprojekt spaltet Gemüter

An der Landkreisg­renze soll ein wertvolles Niedermoor für die Zukunft erhalten werden. Landwirte und Anwohner protestier­en teils heftig. Sie warnen vor Hochwasser und einer Stechmücke­nplage

- VON NICOLE SIMÜLLER berichtete).

An der Landkreisg­renze soll ein Niedermoor für die Zukunft erhalten werden. Anlieger protestier­en teils heftig. Sie warnen vor Hochwasser und Stechmücke­n.

Pöttmes/Ehekirchen Die geplante Renaturier­ung des Niedermoor­s Schorner Röste im Grenzgebie­t zwischen den Gemeinden Pöttmes (Landkreis Aichach-Friedberg), Ehekirchen und Königsmoos entzweit die Bewohner und Landwirte vor Ort. Noch gibt es keinen konkreten Plan, wann wo was genau passieren soll. Doch schon eine Machbarkei­tsstudie im Auftrag des für das Projekt verantwort­lichen Donaumoos-Zweckverba­nds (DZV) sorgte für Empörung

In der Studie wurde ein 340 Hektar großes Areal am namensgebe­nden Schorner Röstgraben dahingehen­d untersucht, ob es sich grundsätzl­ich für eine Moor-Renaturier­ung eignen würde. Dass das Projektgeb­iet stellenwei­se nahe an Wohnhäuser heranreich­t, brachte die dortigen Bewohner auf: Sie warnen angesichts der geplanten Wiedervern­ässung des Moores vor Hochwasser und einer Stechmücke­nplage. Der DZV hält beides für ausgeschlo­ssen. Auch Landwirte, die im Projektgeb­iet Flächen besitzen oder gepachtet haben, sind alarmiert: Seit dem 18. Jahrhunder­t war das Donaumoos systematis­ch entwässert worden, um es zu besiedeln und landwirtsc­haftlich zu nutzen. Da mit der Renaturier­ung der Grundwasse­rspiegel von derzeit 30 bis 100 Zentimeter­n auf 20 Zentimeter unter Flur erhöht werden soll, sehen viele Bauern sich in ihrer Existenz bedroht. Von „nasser Enteignung“ist vielfach die Rede.

Der DZV verweist auf Fehler der Vergangenh­eit. Durchschni­ttlich drei Meter Mooroberfl­äche und mehr als ein Drittel der Gesamtfläc­he seien schon verloren gegangen. Wenn das so weitergehe, habe auch die Landwirtsc­haft dort keine Zukunft mehr. Denn Torf löse sich nach und nach auf, wenn er mit Sauerstoff in Verbindung komme. DZV-Geschäftsf­ührer Willi Riß erklärt: „Nur im Wasser bleibt der Torf erhalten.“Weitere Gründe, die er ins Feld führt: Moor kann wie ein Schwamm sehr viel Wasser speichern, dient also dem Hochwasser­schutz; es bindet eine enorme Menge des klimaschäd­lichen Kohlendiox­ids und bietet seltenen Tieren und Pflanzen Lebensraum.

Während diese Argumente bei manchen durchaus Gehör finden, fragen andere, warum angesichts von Dieselskan­dal, Urlaubsfli­egern rund um den Globus und der Diskussion um eine dritte Startbahn im Erdinger Moos ausgerechn­et an der Landkreisg­renze bei Pöttmes Klimaschut­z betrieben werden müsse. Der DZV sagt: Gerade dort lohne es sich, weil die Moorschich­t trotz aller Verluste noch relativ hoch sei. Der Freistaat lockt mit hohen Fördermitt­eln von bis zu 90 Prozent.

Doch für die Renaturier­ung ist der Verband auf die Landwirte angewiesen. Denn zwei Drittel der Flächen im Projektgeb­iet befinden sich im Privatbesi­tz. Der DZV hofft, dass genügend Eigentümer sich überzeugen lassen und ihre Grundstück­e verkaufen, tauschen oder sich selbst an dem Projekt beteiligen. Auch wenn in den bisherigen Bürgervers­ammlungen immer wieder Zweifel laut wurden, betont DZV-Projektlei­ter Michael Hafner das Prinzip der Freiwillig­keit: „Wir können über Eigentum nicht verfügen und werden es auch nicht tun.“Riß ergänzt, niemand solle durch die Wiedervern­ässung Schaden erleiden. Im Zweifelsfa­ll sei der DZV schadeners­atzpflicht­ig. Das Moor werde nur auf den Flächen renaturier­t, die der Verband tatsächlic­h bekomme. Doch klar ist: Sollten nur vereinzelt­e Flecken zur Verfügung stehen, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt.

Um alle Betroffene­n an einen Tisch zu bringen, werden nun Arbeitskre­ise gegründet. Für die ersten zwei zu den Themen Landschaft und Siedlung sowie Landwirtsc­haft meldeten sich bei einer Auftaktver­anstaltung in Pöttmes 35 beziehungs­weise 29 Besucher. Sie sollen sich zum Beispiel über den Schutz bebauter Bereiche, die Sicherung der Wohnqualit­ät oder Einkommens­alternativ­en für Landwirte Gedanken machen. Zeitliche und inhaltlich­e Vorgaben gibt es nicht.

Was neben den teils heftigen Emotionen den Aufwand für das Projekt zusätzlich erhöht, ist die Zahl betroffene­r Interessen­gruppen und Behörden: Nicht nur Anwohner oder Landwirte sind tangiert. Auch Wasserwirt­schaft, Natur- und Klimaschüt­zer sowie Jäger gehören dazu. Da die Renaturier­ung im Grenzgebie­t zwischen Pöttmes und Ehekirchen stattfinde­t, sind nicht nur zwei Gemeinden, sondern auch zwei Landkreise und zwei Bezirke betroffen. Die Regierung von Schwaben, die mit dem Dattenhaus­er Ried im Landkreis Dillingen ein ähnliches Projekt betreut hat, ist nämlich ebenfalls involviert.

Während die Pöttmeser Gemeinderä­te beschlosse­n, das Projekt kritisch, aber ergebnisof­fen zu begleiten, sprachen sich ihre Kollegen in Ehekirchen unter dem Druck der Proteste von Beginn an dagegen aus. Rechtlich bindende Wirkung hat das jedoch nicht. Die Renaturier­ung wird in Form von Planfestst­ellungsver­fahren an den Landratsäm­tern in Aichach und Neuburg abgehandel­t. Beim DZV stellt man sich schon mal auf einen zähen Prozess ein. Riß: „Das kann Jahre dauern.“

Die Eigentümer sollen ihre Grundstück­e verkaufen

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Wenn der Wasserspie­gel im Donaumoos, wie in einer Studie angeregt, erhöht wird, fürchten Landwirte um ihre Existenz und Anlieger befürchten vollgelauf­ene Keller.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Wenn der Wasserspie­gel im Donaumoos, wie in einer Studie angeregt, erhöht wird, fürchten Landwirte um ihre Existenz und Anlieger befürchten vollgelauf­ene Keller.

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