Ökoprojekt spaltet Gemüter
An der Landkreisgrenze soll ein wertvolles Niedermoor für die Zukunft erhalten werden. Landwirte und Anwohner protestieren teils heftig. Sie warnen vor Hochwasser und einer Stechmückenplage
An der Landkreisgrenze soll ein Niedermoor für die Zukunft erhalten werden. Anlieger protestieren teils heftig. Sie warnen vor Hochwasser und Stechmücken.
Pöttmes/Ehekirchen Die geplante Renaturierung des Niedermoors Schorner Röste im Grenzgebiet zwischen den Gemeinden Pöttmes (Landkreis Aichach-Friedberg), Ehekirchen und Königsmoos entzweit die Bewohner und Landwirte vor Ort. Noch gibt es keinen konkreten Plan, wann wo was genau passieren soll. Doch schon eine Machbarkeitsstudie im Auftrag des für das Projekt verantwortlichen Donaumoos-Zweckverbands (DZV) sorgte für Empörung
In der Studie wurde ein 340 Hektar großes Areal am namensgebenden Schorner Röstgraben dahingehend untersucht, ob es sich grundsätzlich für eine Moor-Renaturierung eignen würde. Dass das Projektgebiet stellenweise nahe an Wohnhäuser heranreicht, brachte die dortigen Bewohner auf: Sie warnen angesichts der geplanten Wiedervernässung des Moores vor Hochwasser und einer Stechmückenplage. Der DZV hält beides für ausgeschlossen. Auch Landwirte, die im Projektgebiet Flächen besitzen oder gepachtet haben, sind alarmiert: Seit dem 18. Jahrhundert war das Donaumoos systematisch entwässert worden, um es zu besiedeln und landwirtschaftlich zu nutzen. Da mit der Renaturierung der Grundwasserspiegel von derzeit 30 bis 100 Zentimetern auf 20 Zentimeter unter Flur erhöht werden soll, sehen viele Bauern sich in ihrer Existenz bedroht. Von „nasser Enteignung“ist vielfach die Rede.
Der DZV verweist auf Fehler der Vergangenheit. Durchschnittlich drei Meter Mooroberfläche und mehr als ein Drittel der Gesamtfläche seien schon verloren gegangen. Wenn das so weitergehe, habe auch die Landwirtschaft dort keine Zukunft mehr. Denn Torf löse sich nach und nach auf, wenn er mit Sauerstoff in Verbindung komme. DZV-Geschäftsführer Willi Riß erklärt: „Nur im Wasser bleibt der Torf erhalten.“Weitere Gründe, die er ins Feld führt: Moor kann wie ein Schwamm sehr viel Wasser speichern, dient also dem Hochwasserschutz; es bindet eine enorme Menge des klimaschädlichen Kohlendioxids und bietet seltenen Tieren und Pflanzen Lebensraum.
Während diese Argumente bei manchen durchaus Gehör finden, fragen andere, warum angesichts von Dieselskandal, Urlaubsfliegern rund um den Globus und der Diskussion um eine dritte Startbahn im Erdinger Moos ausgerechnet an der Landkreisgrenze bei Pöttmes Klimaschutz betrieben werden müsse. Der DZV sagt: Gerade dort lohne es sich, weil die Moorschicht trotz aller Verluste noch relativ hoch sei. Der Freistaat lockt mit hohen Fördermitteln von bis zu 90 Prozent.
Doch für die Renaturierung ist der Verband auf die Landwirte angewiesen. Denn zwei Drittel der Flächen im Projektgebiet befinden sich im Privatbesitz. Der DZV hofft, dass genügend Eigentümer sich überzeugen lassen und ihre Grundstücke verkaufen, tauschen oder sich selbst an dem Projekt beteiligen. Auch wenn in den bisherigen Bürgerversammlungen immer wieder Zweifel laut wurden, betont DZV-Projektleiter Michael Hafner das Prinzip der Freiwilligkeit: „Wir können über Eigentum nicht verfügen und werden es auch nicht tun.“Riß ergänzt, niemand solle durch die Wiedervernässung Schaden erleiden. Im Zweifelsfall sei der DZV schadenersatzpflichtig. Das Moor werde nur auf den Flächen renaturiert, die der Verband tatsächlich bekomme. Doch klar ist: Sollten nur vereinzelte Flecken zur Verfügung stehen, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt.
Um alle Betroffenen an einen Tisch zu bringen, werden nun Arbeitskreise gegründet. Für die ersten zwei zu den Themen Landschaft und Siedlung sowie Landwirtschaft meldeten sich bei einer Auftaktveranstaltung in Pöttmes 35 beziehungsweise 29 Besucher. Sie sollen sich zum Beispiel über den Schutz bebauter Bereiche, die Sicherung der Wohnqualität oder Einkommensalternativen für Landwirte Gedanken machen. Zeitliche und inhaltliche Vorgaben gibt es nicht.
Was neben den teils heftigen Emotionen den Aufwand für das Projekt zusätzlich erhöht, ist die Zahl betroffener Interessengruppen und Behörden: Nicht nur Anwohner oder Landwirte sind tangiert. Auch Wasserwirtschaft, Natur- und Klimaschützer sowie Jäger gehören dazu. Da die Renaturierung im Grenzgebiet zwischen Pöttmes und Ehekirchen stattfindet, sind nicht nur zwei Gemeinden, sondern auch zwei Landkreise und zwei Bezirke betroffen. Die Regierung von Schwaben, die mit dem Dattenhauser Ried im Landkreis Dillingen ein ähnliches Projekt betreut hat, ist nämlich ebenfalls involviert.
Während die Pöttmeser Gemeinderäte beschlossen, das Projekt kritisch, aber ergebnisoffen zu begleiten, sprachen sich ihre Kollegen in Ehekirchen unter dem Druck der Proteste von Beginn an dagegen aus. Rechtlich bindende Wirkung hat das jedoch nicht. Die Renaturierung wird in Form von Planfeststellungsverfahren an den Landratsämtern in Aichach und Neuburg abgehandelt. Beim DZV stellt man sich schon mal auf einen zähen Prozess ein. Riß: „Das kann Jahre dauern.“
Die Eigentümer sollen ihre Grundstücke verkaufen