„Das Nichtstun macht lethargisch“
In Ehekirchen wollten die jungen Männer nicht Vokabeln pauken, sondern schnell arbeiten, um schnell Geld zu verdienen
Ehekirchen Wenn Gertraud Kreuzer an die Zeit vor drei Jahren denkt und an den Umgang mit den Asylbewerbern, die erst tags zuvor nach Ehekirchen gekommen waren, dann muss sie schmunzeln. Die Gemeinde hatte damals ein Willkommensfrühstück organisiert, Bürgermeister, Pfarrer, Gemeinderäte und Presse saßen den acht jungen Männern aus dem Senegal und einer Familie mit zwei kleinen Kindern aus Nigeria gegenüber. „Das war etwas zu euphorisch“, beurteilt sie die Aktion rückblickend, denn die Neuankömmlinge seien mit der Situation völlig überfordert gewesen.
Ein gutes Dutzend Freiwillige hatten sich damals gemeldet, sich um die Migranten zu kümmern. Stand anfangs noch die unbeholfene Frage im Raum „Was machen wir denn mit denen?“, wurde schnell klar, wo Hilfe gebraucht wurde: bei der Kommunikation mit Behörden, beim Übersetzen und beim Organisieren des Alltags. Dabei erwies sich die Sprachbarriere oft als großes Hindernis. Doch die Motivation zum Lernen der deutschen Sprache sei bei den jungen Männern bereits nach kurzer Zeit geschwunden. Schon nach einem Jahr seien die Deutschkurse nicht mehr angenommen worden, die ersten Asylhelfer zogen sich deshalb zurück. Auch die Bemühungen, den Männern durch eine Arbeit auf dem Ehekirchener Bauhof Struktur zu geben, seien irgendwann ins Leere gelaufen. „Das alles war den Männern zu mühsam. Sie waren nach Deutschland gekommen, um schnell Geld zu verdienen. Die Geduld und das Verständnis, vorher die Sprache lernen zu müssen, hatten sie nicht“, erzählt die 65-Jährige.
Als großes Problem erlebte Gertraud Kreuzer die langen Verfahrenszeiten und damit auch die Wartezeiten, bis die Geflüchteten arbeiten durften. „Wenn das zu lange dauert, dann gewöhnen sie sich an die Situation, dass der Staat den Lebensunterhalt finanziert.“Einer ihrer Schützlinge habe sich schon da- rauf eingestellt, dass er nicht mehr arbeiten wird.
Mittlerweile ist Gertraud Kreuzer im Asylhelferkreis weitestgehend eine Einzelkämpferin. Nur wenn Not am Mann ist, stehen noch zwei Helferinnen und die Gemeinde parat. „Im Augenblick ist die Bedürfnislage aber auch nicht schlimm“, sagt sie. Drei nigerianische Familien leben derzeit noch in Ehekirchen. Einmal in der Woche gibt sie den schulpflichtigen Kindern Nachhilfe, macht Schul- und Elternbesuche oder organisiert Arzt- und Behördengänge. Ein großes Thema sei auch die Suche nach Wohnungen, die allerdings frustrierend sei.
Unterstützung könnten die Männer und Frauen aus Nigeria darüber hinaus aber auch im Alltag benötigen, wenn es etwa ums Einkaufen geht. Hier stellt Gertraud Kreuzer immer wieder fest, dass sie gegenüber Preisen und Produkten hilflos sind und deshalb mit dem zur Verfügung stehenden Geld nicht immer auskommen. „Da frage ich mich dann schon mal: Kommen sie unter diesen Umständen hier überhaupt auf die Füße?“