Schweiß muss nicht rinnen
Von der Stirne heiß, rinnen muss der Schweiß“(Friedrich Schiller, Lied von der Glocke, 1799). „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“(Genesis, Buch Mose, 3). „Ohne Fleiß, kein Preis…“– Immerzu und in vielen Lebensbereichen darf der Lohn, der Dank, erst nach einer Mordsanstrengung erfolgen. Sünder, die wir alle sind, dürfen von Haus aus nicht einfach so drauflos genießen.
Bequem das Ziel erreichen, locker, ohne Schweißperlen, eine beachtliche Leistung erbringen, zählt nicht oder wird nur mit einem müden Lächeln quittiert. Erst wer sich nächtelang durch lateinische, englische, französische Grammatik gepaukt hat, wer sich knifflige mathematische Formeln mit WachhalteKaffee verinnerlicht hat, dem gebührt neidlos die Bestnote.
Im Sport geht es per se nicht ohne Schweiß. 100-Meter-Lauf, Hürden überspringen, den Tennisball schmettern oder den Basketball in den Korb bugsieren ... Da gehört der Schweiß dazu wie die Wurst auf die Semmel. Oder Radfahren. Tour de France. Die unaussprechbaren Pässe, drei am Tag, kein Problem. Der Kuss der lokalen Schönheit auf die schweißige Backe des Siegers, der im Schweißtrikot eigentlich nur die Dusche im Auge hat. Die hat auch der Otto-Normal-Radler im Sinn, wenn er die elenden letzten Kilometer, die ihn vom heimatlichen Zielhafen trennen, vor Augen hat. Diese blöde Steigung, und gleich noch eine Anhöhe vor der letzten Kurve. Die Zunge hängt auf halbmast, der Oberschenkelmuskel macht Zicken. Das Bier besänftigt nur mäßig die erschöpfte miese Stimmung. Warum, verflucht, tue ich mir das wöchentlich an? Kleiner Tipp und ein Zauberwort: E-Bike. Garantierte Garantien: schweißfreie Anstrengung, herrliches vergnügliches Dahingleiten vorbei an gemähten Wiesen, intensives Genießen der vorbeizeihenden Landschaften. Das gibt’s: völlig ohne schlechtes Gewissen und ohne Büßerhemd und ohne Wenn und Aber ein wunderbares Vergnügen genießen. Für Zauderer und Skeptiker: Man muss immer noch selber in die Pedale treten. Aber wie, halt.