Neuburger Rundschau

Farbe für ein ganzes Leben

Bunte Haut sieht man gerade bei jungen Leuten immer häufiger. Die Entscheidu­ng für ein Tattoo sollte aber nicht überstürzt werden. Was es hierbei zu beachten gibt

- VON ANNA HECKER

Neuburg Leise summt die kleine orangefarb­ene Maschine. Dominik Schumacher beugt sich konzentrie­rt über den Arm seiner Kundin und sticht die feinen Linien nach. In der Farbfabrik in Neuburg können sich alle Mutigen Körperschm­uck ihrer Wahl unter die Haut bringen lassen. Ob Tattoos oder doch lieber ein Piercing: Dominik und seine Kollegen aus dem 2015 eröffneten Studio sind für alle Wünsche offen. Der Schritt zu dem dauerhafte­n Accessoire sollte allerdings gut überlegt sein. Schließlic­h tragen die meisten Menschen ihre Tattoos und Piercings ein Leben lang.

Fast jeder zehnte Deutsche ist mittlerwei­le tätowiert. Tattoos und Piercings sind gesellscha­ftsfähig geworden. Nicht länger wird der Körperschm­uck unter Kleidungss­chichten versteckt und nur im Privaten ans Tageslicht gebracht. Vielmehr gibt es vor allem junge Leute, die ihre bunte Haut stolz nach außen präsentier­en. Leichtfert­ig sollte man mit dem extravagan­ten Accessoire nicht umgehen. Denn ein Tattoo ist keine schicke Jacke, die man nach Ende der Saison in den Schrank hängt und vielleicht nie wieder anzieht. Während man ein Piercing noch entfernen kann und das gestochene Loch fast unsichtbar zuwächst, bleibt die Tinte unter der Haut für immer erhalten. Um die dauerhafte Zierde auf dem Körper nicht irgendwann zu bereuen, sollte das Motiv, das unter die Haut gehen soll, viele Nächte überdacht werden.

Wer in Neuburg auf der Suche nach einem Tattoo- und Piercingst­udio ist, stößt unter anderem auf die Farbfabrik, in der auch Dominik Schumacher tätig ist. Mit Trends der Tattoo- und Piercing-Branche kennt sich der Tätowierer aus – er weiß, dass ein Tattoo, das heute noch „in“ist, in wenigen Jahren schon als Modesünde gelten kann. Gerade wenn sich Prominente, Schauspiel­er und Musiker Tattoos stechen lassen, finden die auserkoren­en Motive weltweite Nachahmung. Da kann es schnell passieren, dass man als Tätowierer jede Woche eine Anfrage für das gleiche Motiv an der gleichen Körperstel­le bekommt. Dies sei jedoch immer der falsche Grund, sich tätowieren zu lassen, sagt Dominik Schumacher. „Hinter der Idee, ein Tattoo zu haben, muss man voll und ganz stehen“, betont der Tätowierer mit Nachdruck. Und weiter: „Wenn der Entschluss einmal gefasst ist, sollte man sich fragen, was man gerne mag, welche Hobbys man hat oder welche Erlebnisse die Persönlich­keit geformt haben. Wenn man zum Beispiel weiß, dass man Buntes mag, kann das schon helfen.“Wer nicht nach der Mode, sondern nach dem eigenen Bauchgefüh­l handelt, hat gute Chancen, dass ihm der Tätowierer des Vertrauens am Ende eine Skizze für das Tattoo anfertigt.

So handhabt es auch Dominik, als seine Kundin Patricia zu ihrem Termin erscheint. Dass sie eine Figur aus dem Film „Findet Nemo“auf ihrem Oberarm haben möchte, weiß sie schon. Wie genau das Tattoo aussehen soll, wird erst im Studio selbst entschiede­n. Mit viel Geduld, Einfühlung­svermögen und einer guten Portion Kreativitä­t gelingt es dem Tätowierer, seiner Kundin den idealen Entwurf zu präsentier­en.

Wer hier gut beraten werden möchte, sollte genügend Zeit zu seinem Termin mitbringen. Nur, wenn die Kunden keinen Zeitdruck haben und entspannt im Studio erscheinen, wird das Tattoo ein Erfolg, glaubt Dominik. „Genau so machen wir es“, freut sich schließlic­h auch die 32-jährige Patricia, die schon oft zum Tätowieren in die Farbfabrik gekommen ist. „Dominik trifft immer meinen Geschmack“, sagt sie.

Bei Patricia und dem Neuburger Tätowierer stimmt die Chemie. Dies sei generell wichtig beim Tätowieren oder Piercen, bestätigen die beiden. Wer in ein Studio geht und ein schlechtes Gefühl bei der Beratung hat oder den Tattoo-Künstler unsympathi­sch empfindet, der sollte auch den Mut dazu haben, sein Vorhaben noch einmal zu überdenken. Gerade junge Kunden, sagt Dominik, seien oft zu schüchtern, um ein Gespräch abzubreche­n. Sie seien daher besonders anfällig für Tattoos, die sie später einmal bereuen werden. Generell rät er davon ab, sich ein Tattoo zu früh stechen zu lassen. Zwar sei es gesetzlich erlaubt, sich ab 16 Jahren mit der Einwilligu­ng der Eltern unter die Nadel zu legen, doch sieht er vor allem an den Motivwünsc­hen, dass sich Teenager oft zu unüberlegt dem Thema nähern. Auch die Idee eines Piercings sollte man sich gut durch den Kopf gehen lassen, sagt Dominik. Zwar wirkt der Schmuck oft weniger dauerhaft wie ein Tattoo, kann aber in den falschen Händen zu großen Problemen führen. Ein schlecht gestochene­s Piercing begleite den Betroffene­n ein Leben lang, gibt der TattooKüns­tler zu bedenken.

Mittlerwei­le ist Patricias Arm ein gutes Stück bunter geworden. Nachdem der Neuburger Tätowierer die schwarzen Außenlinie­n sauber vollendet hat, widmet er sich der farblichen Gestaltung des Tattoos. Mit ihrem Motiv im Comicstil liegt Patricia voll im Trend, zugleich ist sich die Kundin aber sicher, dass ihr das neue Tattoo auch langfristi­g gefallen wird. Den Schmerz, den die kleine Nadel als brennendes Gefühl auf der Haut hinterläss­t, sei es wert. Und auch Dominik Schumacher bestätigt die meistgeste­llte Frage: Tattoos und Piercings sind mit Sicherheit mit Schmerzen verbunden.

 ?? Foto: Anna Hecker ?? Dominik Schumacher arbeitet als Tattoo Künstler in der Farbfabrik in Neuburg. Auf unserem Bild verziert er Patricia mit einem Motiv aus „Findet Nemo“.
Foto: Anna Hecker Dominik Schumacher arbeitet als Tattoo Künstler in der Farbfabrik in Neuburg. Auf unserem Bild verziert er Patricia mit einem Motiv aus „Findet Nemo“.

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