Ist Schweigen wirklich Gold?
Schweigegebote sind eine zweischneidige Angelegenheit. Im Kloster dienen sie einem guten Zweck, in der Mafia eher nicht. Und in der Politik, da weiß man es nicht so genau.
Von der britischen Premierministerin Theresa May ist bekannt, dass sie ein praktizierendes Mitglied der Church of England ist und regelmäßig den Gottesdienst besucht. Schon allein deshalb sollte man ihr keine üblen Absichten unterstellen, nur weil sie ihren Ministerinnen und Ministern zu Beginn der Kabinettsklausur auf dem Landsitz Chequers die Handys hat abnehmen lassen. Die Krise war zu ernst und die Frage, wie es mit dem Brexit weitergehen soll, war innerhalb der Regierung zu umstritten, als dass man irgendetwas dem Zufall hätte überlassen können. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Derart rigorose Methoden auf die CSU zu übertragen, ist schlicht unvorstellbar. Die Partei liebt nicht nur Durchstechereien, sie lebt davon: Kanzlerin kritisiert, Parteifreunde abgekanzelt, Rücktritt angekündigt, Rücktritt verschoben, Rücktritt vom Rücktritt. Ohne durchsickernde Insiderinformationen wäre jede Inszenierung bayerischer Polit-Dramen nur die Hälfte wert. Außerdem lässt sich Kommunikation auf diese Weise wunderbar steuern – vor allem, wenn man etwas sagen will, das man hinterher nicht gesagt haben wollte.
Wäre Horst Seehofer britischer Innenminister, dann würde seinen Satz „Mit dieser Frau kann ich nicht zusammenarbeiten“zunächst niemand erfahren. Und das wäre dann doch auch wieder nix – oder?