Hat der Mann den Sohn seines Freundes missbraucht?
Derzeit muss sich ein 40-Jähriger vor dem Amtsgericht verantworten. Es stehen schwere Vorwürfe im Raum: Porno-Filme schauen im Kinderzimmer ist der harmloseste davon
Neuburg Bei sexuellem Missbrauch sind die Täter oft im unmittelbaren Verwandten- oder Bekanntenkreis zu suchen. So auch im aktuellen Fall von Jugendrichter Gerhard Ebner. Der Angeklagte – eben ein enger Freund der Familie und entfernter Verwandter – soll einen mittlerweile 17-jährigen Buben zwischen November 2015 und Februar 2017 mehrmals sexuell missbraucht haben. Seit Dienstag muss sich der heute 40-jährige Beschuldigte wegen Vergewaltigung, Nötigung und Verbreitung pornografischer Schriften am Neuburger Amtsgericht verantworten.
Der Angeklagte selbst will keine Angaben zur Sache machen. Als ersten Zeugen hört der Richter den Geschädigten. Mit Pornos im Kinderzimmer habe es angefangen, erzählt der Junge vor Gericht. Im November 2015 habe der Freund seines Vaters ihm zum ersten Mal angeboten, gemeinsam einen solchen Film anzuschauen. Dabei habe der Angeklagte dann sein Glied herausgeholt und sich befriedigt. Der damals 14-Jährige sollte es ihm gleich tun – und tat es auch. Den weiteren Schilderungen des Jungen zufolge, der nicht nur als Zeuge, sondern auch als Nebenkläger auftritt, war dies noch die harmloseste Szene dessen, was sich im Laufe der darauffolgenden 16 Monate zwischen den beiden abgespielt haben soll. Der Junge berichtet von Berührungen, von mehrmaligem Oral- und versuchtem Analverkehr. Aufgrund des engen Kontakts zur Familie habe der Angeklagte immer gewusst, wann die Eltern des Jungen nicht zuhause waren. Oder er fuhr mit ihm auf Parkplätze in Neuburg und Umgebung – also an Orte, wo sie im Dunkeln auf der Rückbank des Autos niemand sehen konnte. Kurz nach seinem 15. Geburtstag habe er dem Freund seines Vaters dann deutlich gesagt, dass er das nicht mehr wolle, erzählt der Junge. Doch der Angeklagte habe das nicht akzeptiert und ihm stattdessen gedroht, seinen Eltern zu sagen, dass er homosexuell sei und, dass alle sexuellen Handlungen von ihm ausgegangen seien. Aus Angst vor der Reaktion seiner Eltern habe er geschwiegen, sagt der Jugendliche vor Gericht aus. Dabei sei er gar nicht schwul, habe auch schon Freundinnen gehabt. Und überhaupt würden seine Eltern immer zu ihm stehen. Trotzdem hat er sich ihnen lange Zeit nicht anvertraut, wurde in der Schule immer schlechter, begann sich zu ritzen, versuchte sogar sich umzubringen. Erst im April 2017 hat er das Ganze seiner Mutter erzählt, mit ihr ist er anschließend auch zur Polizei gegangen. Sie wird am Dienstag als nächste in den Zeugenstand gerufen. Die 36-Jährige ist praktizierende Zeugin Jehovas – eine Religion, in der Homosexualität durchaus kritisch gesehen wird. Man könne zwar homosexuell sein, dürfe diese Neigung aber nicht ausleben, erklärt die Frau. Denn das sei dann eine Sünde und man würde aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Im Laufe der Verhandlung stellt sich heraus, dass auch der Angeklagte einst Zeuge Jehovas war, doch irgendwann aus unbekannter Ursache verstoßen wurde.
Dieser Missbrauchsfall ist Ende 2017 schon einmal bei Richter Ebner am Neuburger Amtsgericht verhandelt worden. Damals hatte sich der Angeklagte geäußert und alles abgestritten. Die Hauptverhandlung wurde allerdings zur Erstellung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens hinsichtlich des Jungen unterbrochen. Nun wird der Fall neu aufgerollt und von einer Gutachterin begleitet. Es stehen noch weitere Verhandlungstermine an, unter anderem am kommenden Dienstag. Dann sollen weitere Zeugen und schließlich die Gutachterin gehört werden.