Neuburger Rundschau

Lipödem: Sielenbach­erin sucht Betroffene

Nadine Plach hat eine wenig bekannte Krankheit. Sie hat eine Odyssee hinter sich. Nun will sie eine Selbsthilf­egruppe gründen

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Friedberg/Sielenbach Mit etwa 21 Jahren begann Nadine Plach extrem zuzunehmen. Das war für die heute 35-Jährige, die in Sielenbach wohnt, der Beginn einer jahrelange­n Odyssee durch Arztpraxen in ganz Deutschlan­d. Erst seit vier Jahren kennt Plach die Diagnose, dass sie am sogenannte­n Lipödem leidet, einer Fettvertei­lungsstöru­ng. In der von ihr neu gegründete­n Selbsthilf­egruppe Lipo-Treff, die sich im Oktober zum ersten Mal trifft, möchte die 35-Jährige sich mit Betroffene­n aus der Region austausche­n, Tipps und Erfahrunge­n weitergebe­n.

An Energie mangelt es Nadine Plach bestimmt nicht. Eigentlich platzt sie sogar schier vor Unternehmu­ngsgeist und Ideen. Trotzdem kann sie nicht an allen Tagen so, wie sie will. Grund dafür ist ihre Krankheit. Beim Lipödem handelt es sich um eine chronische, fortschrei­tende und symmetrisc­h verteilte Veränderun­g beziehungs­weise Vermehrung des Unterhautf­ettgewebes. Es tritt vor allem an Ober- und Unterschen­keln auf und wird daher oft auch als Reiterhose­n-Syndrom bezeichnet. Fettansamm­lungen sind aber auch an Hüften und Armen möglich.

Bei Plach sind Beine, Hüfte, Bauch und die Oberarme betroffen. Die Krankheit ist weit mehr als nur ein ästhetisch­es Problem. Sie ist mit starken Schmerzen verbunden, die es den Betroffene­n je nach Erkrankung­sgrad zum Beispiel fast unmöglich machen, Treppen zu steigen oder längere Strecken zurückzule­gen. „Wenn man Schmerzen hat, ist man froh, von A nach B zu kommen“, weiß die 35-Jährige aus Erfahrung. Der ganze Körper schmerze und auch im Kopf drehe sich alles nur um den Schmerz.

Darüber, was der Auslöser der Krankheit ist, scheiden sich laut Plach die Geister. Sie hat sich intensiv in die Materie eingearbei­tet. Lipödem könne vor oder nach der Pubertät ausbrechen oder nach einer Schwangers­chaft, zählt sie auf. Auch genetische Veranlagun­g, hormonelle Störungen oder negativer Stress könnten Auslöser sein.

Und die Krankheit tritt in Schüben auf. Fast acht Jahre habe sie den gleichen Stand gehabt, so die 35-Jährige. „Und auf einmal ging es wieder los.“Innerhalb von acht Wochen nahm sie 16 Kilogramm zu. Um zu verdeutlic­hen, wie stark die Schmerzen bei einem Schub sind, nennt Plach folgendes Beispiel: „Ich musste ein Glas mit zwei Händen halten vor Schmerzen.“

Der Weg zur Diagnose war lang und schwierig. „Es gibt in Deutschlan­d nur sehr spärlich Ärzte, die sich wirklich auskennen“, ist die Erfahrung von Plach. Oft habe sie nicht nur im privaten Umfeld, sondern sogar bei Ärzten mit Vorurteile­n zu kämpfen gehabt, erzählt sie. „Iss weniger, mach mehr Sport“, habe sie oft zu hören bekommen.

Inzwischen weiß sie: „Durch Sport kann man bei Lipödem nicht abnehmen.“Durch Bewegung und die richtige Ernährung könne man die Krankheit aber erträglich­er machen. Die 35-Jährige hat sich vor Kurzem an den Beinen operieren lassen. Bei den Vorabgespr­ächen mit Ärzten, Therapeuti­nnen sowie Fußpfleger­innen erfuhr sie dabei immer wieder, dass Betroffene sich zurückzieh­en, mit der Diagnose alleine dastehen.

Mit ihrer Selbsthilf­egruppe möchte sie Betroffene­n zur Seite stehen. „Es ist mir eine Herzensang­elegenheit, das Lachen weiterzuge­ben, den Humor zu behalten“. Sie möchte mit der Gruppe einen Raum schaffen, in dem Betroffene, auch Lymph- und Lipo-Lymphödeme­rkrankte, sich wohlfühlen, Erfahrunge­n und Tipps austausche­n können. Für das erste Treffen der Selbsthilf­egruppe, das für Dienstag, 9. Oktober, geplant ist, hat Plach schon eine Ärztin gefunden, die über die Erkrankung referieren wird.

OSelbsthil­fegruppe Wer Interesse an der Selbsthilf­egruppe „Lipo Treff“hat, kann sich bei Nadine Plach informiere­n unter Telefon 08258/6869987 oder E Mail lipo treff@outlook.de.

 ??  ?? Nadine Plach
Nadine Plach

Newspapers in German

Newspapers from Germany