So geht es juristisch weiter
Im Fall Sami A. sind die Richter am Zug. Das kann dauern
● Ausgangslage: Der mutmaßliche Islamist, der zu den Leibwächtern des 2011 getöteten Al-Kaida-Führers Osama bin Laden gehört haben soll, wurde am Freitagmorgen abgeschoben. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte allerdings einen Tag zuvor entschieden, dass der Tunesier vorerst nicht abgeschoben werden darf. Die Richter sahen weiterhin die Gefahr, dass ihm dort Folter droht. Der Tunesier muss zurückgeholt werden.
● Entscheidung: Es ist unklar, wann das Oberverwaltungsgericht über das weitere Vorgehen entscheidet. Das Land und die in dem Fall zuständige Stadt Bochum haben zwei Wochen Zeit, um ihre Beschwerde einzulegen. Für deren Begründung bleibt ihnen – gerechnet ab dem Moment der Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts – ein Monat Zeit. Erst wenn diese vorliegt, können die OVG-Richter sich an die Arbeit machen. Wie lange sie dafür brauchen, hängt unter anderem vom Umfang der Beschwerde ab. Das Oberverwaltungsgericht prüft nach Angaben einer Sprecherin nur die vorgebrachten Gründe gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts..
● Tunesien: Es gibt erhebliche Zweifel, ob Tunesien eine Rückkehr nach Deutschland überhaupt zulassen würde. Die tunesische Justiz reklamierte bereits die Zuständigkeit in dem Fall für sich. A. sei seit Januar wegen Terrorverdachts in Tunesien zur Fahndung ausgeschrieben, sagte der Sprecher der Anti-TerrorStaatsanwaltschaft. Die Bundesregierung nahm inzwischen Kontakt zu den tunesischen Behörden auf.
● Folgen: Die Abschiebung von Sami A. ist auch politisch höchst brisant. Im Raum steht unter anderem der Vorwurf, dass das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vor der Abschiebung von Behörden getäuscht worden sei. Obwohl die Planungen für die Abschiebung schon weit fortgeschritten waren, war das zuständige Gericht bis zuletzt nicht darüber informiert – und konnte den Abschiebeflug nach Tunesien deshalb nicht mehr verhindern. Das Präsidium der Bundespolizei teilte mit, die Bundespolizei habe die Abschiebung schon am 9. Juli und damit vier Tage zuvor organisiert. Unter Druck stehen die nordrheinwestfälische Landesregierung genauso wie das Bamf und damit auch Bundesinnenminister Seehofer. Der Minister war persönlich über die Pläne für die umstrittene Abschiebung informiert.