Gemeinsam gegen die USA
Bei einem Gipfeltreffen versuchen Vertreter der EU und Chinas, einen Weg ohne die Amerikaner zu finden. In mehreren Punkten sind sie sich schon einig
Brüssel/Peking Es ist das Gipfeltreffen zweier Blöcke, die von US-Präsident Donald Trump verprellt wurden: Europa und China. Dass ihr Treffen aber so harmonisch verlaufen sollte, war dann doch überraschend. „Wir treten in eine neue Phase ein“, betonte Premierminister Li Keqiang vor den Gästen aus Brüssel. „Die EU und China sind zwei Kräfte der Stabilität“, schob er nach. Denn beide wollten das freie Handelssystem aufrechterhalten. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker machte denn auch „Fortschritte“aus. Schließlich ging die Begegnung zum ersten Mal seit vier Jahren mit konkreten gemeinsamen Beschlüssen zu Ende.
Jedes der unterzeichneten Dokumente liest sich wie eine Kampfansage an die USA. Für den Klimaschutz vereinbarten die Partner eine Wende zugunsten regenerativer Energien und der Null-EmissionenFahrzeuge. Der Emissionshandel soll vorangetrieben werden. In der Frage wirtschaftlicher Reformen versprach Peking eine „bedeutende Öffnung des Marktes“. Die seit langem umstrittene Reform der Welthandelsorganisation (WTO) wollen beide nun gezielt angehen – wenn es sein muss auch ohne die USA und Russland. Und schließlich sollen neue Regeln für den Technologietransfer her. Der Schutz des geistigen Eigentums und der Investitionen soll neu gefasst werden. Die Verhandlungen zum Investorenschutz treten seit Jahren auf der Stelle. So weit, so einfach.
Aber über dem Gipfeltreffen lag auch der Schatten des sich anbahnenden Handelskrieges – zum einen zwischen China und den USA, zum anderen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union. „Heute stehen wir vor einem Dilemma“, mahnte EU-Ratspräsident Donald Tusk. „Spielen wir weiter ein unnachgiebiges Spiel mit Zollkriegen und Konflikten an Orten wie Syrien oder der Ukraine oder suchen wir gemeinsam Lösungen auf der Basis fairer Regeln?“Der Ausweg soll die Reform der WTO sein. Doch an diesem Punkt schieden sich auch in Peking die Geister. Schließlich verurteilt die EU zwar das Drehen an der Zollschraube, das Washington inzwi- schen begonnen hat. Andererseits aber teilt die Union Trumps Kritik an dem fernöstlichen Riesenreich, das seinen Markt nicht ausreichend öffnet, Technologie abschöpft und unfair spielt. Und das andere mit seinen Billigprodukten wie Stahl überschwemmt. Die Liste der Probleme, die die EU mit Peking hat, ist lang. Gemeinsame Antworten und Lösungen gab es am Montag nur wenige. Auch die nach wie vor unbefriedigende Situation in Menschenrechtsangelegenheiten bleibt ein Problem.
Eigentlich könnte der amerikanische Präsident mit dem EU-ChinaGipfel zufrieden sein. Denn Trump wurde ständig umworben, wieder in die Reihe der offenen Welthandelspartner zurückzukehren. Doch der Mann aus Washington wird daran zumindest vorerst kaum denken. Erst gestern gab es neue Zahlen, die ihn ärgern dürften. Nach Angaben des Statistischen Amtes der EU (Eurostat) stieg der Exportüberschuss der EU im Warenhandel mit den Vereinigten Staaten im ersten Halbjahr erneut an. Das Plus von 2,1 Prozent beschert Washington einen Nachteil in Höhe von 163 Milliarden Euro, zumal im gleichen Zeitraum auch die US-Einfuhren nach Europa um gut drei Prozent auf 108 Milliarden Euro zurückgingen.