Buhs für Domingo
Der Tenor dirigierte Bayreuths „Walküre“
Bayreuth Es sind ungewohnte Töne für den Starsänger. Plácido Domingo, einer der größten Stars der Klassik-Szene, wird bei den Bayreuther Festspielen von Teilen des Publikums vernehmlich ausgebuht. Zwar gibt es nach dieser „Walküre“auf dem Grünen Hügel auch Applaus für den 77-jährigen Spanier – die Unmutsbekundungen aber sind deutlich hörbar. Zuvor hatte Domingo allerdings nicht – wie 18 Jahre zuvor – den seine Schwester liebenden Bruder Siegmund gesungen, sondern das Orchester geführt.
Domingo ist seit Jahren auch als Dirigent tätig, in diesem Jahr steht er zum ersten Mal auf dem Grünen Hügel am Pult, wo er in den 1990er Jahren noch den „Parsifal“sang. Domingo führt weitgehend ruhig und ohne großen Bombast durch den zweiten Teil von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. Doch ausgerechnet die große Arie „Winterstürme wichen dem Wonnemond“droht dem Maestro am Pult zu Beginn etwas zu entgleiten. Die Quittung dafür bekommt dann auch Tenor Stephen Gould als Siegmund von einigen Zuschauern. Auch er muss ein paar Buhs einstecken.
Die „Walküre“ist ein Relikt, gewissermaßen ein Gruß von Frank Castorf, dessen umstrittene Interpretation des „Ring des Nibelungen“(2013) die vergangenen Jahre in Bayreuth geprägt hat. Eigentlich hatte die Inszenierung schon ausgedient – mit dem berühmten Sänger als Dirigenten kommt aber Teil zwei der Tetralogie in diesem Jahr noch mal zurück. Ungewöhnlich für die WagnerFestspiele stehen doch die anderen drei Teile nicht mehr auf dem Spielplan.
Castorf verlegt die Geschichte um die sich liebenden Geschwister, einen wütenden Göttervater, dessen eifersüchtige Frau und eine mitfühlende Walküre in eine Ölförderanlage Aserbaidschans. Das Öl als Gold unserer Zeit hatte Castorf 2013 als Regiekonzept für alle vier „Ring“-Teile ausgegeben.
„Walküre“-Kulisse ist ein Förderturm. Castorfs Konzept funktioniert dabei seit Jahren weitgehend gleich: Er setzt auf filmische Untermalung und lässt die Sänger oft von einem Kameramann begleiten. Wenn allerdings, während Siegmund und Sieglinde sich selig in die Arme sinken, auf großer Leinwand eine Torte essende Erda beim Telefonat mit Wotan gezeigt wird, ist das eher Ablenkung als Mehrwert.