Arbeitsgericht lässt Kündigung zu
Die fristlose Entlassung wollte ein früherer leitender Angestellter der Stadt Neuburg nicht hinnehmen – und klagte. Nachdem sich beide Parteien nicht einigen konnten, wies die Ingolstädter Richterin die Klage nun ab
Ingolstadt/Neuburg Die Fronten waren verhärtet, die Forderungen klar. Und obwohl Richterin Karolina Schönleben in vergangenen Sitzungen bestrebt war, die Wogen zwischen dem Ex-Angestellten und der Stadt Neuburg zu glätten, kam eine gütliche Einigung beider Parteien nicht zustande. Gestern verkündete das Arbeitsgericht Ingolstadt eine Entscheidung – und wies die Klage des früheren Mitarbeiters gegen seine fristlose Kündigung zurück. So begründet die Vorsitzende Richterin das überraschende Urteil:
Der Konflikt zwischen der Stadt Neuburg und ihrem früheren leitenden Angestellten stützt sich auf Vorfälle, die sich bereits im vergangenen Jahr ereignet hatten. Damals, es war zur Weihnachtszeit, hatten Mit- arbeiter den Verdacht geäußert, dass städtisches Eigentum verschwunden sei. Wie sich wenig später herausstellte, hatte ihr Vorgesetzter eine Motorsäge während seines Urlaubs mitgenommen – nach Polen. Dazu soll der Mann Überstunden aufgeschrieben haben, obwohl er sich zu derselben Zeit im Urlaub oder Krankheitsstand befand. Weiter wurde ihm vorgeworfen, Gebrauchs- und Betriebsmittel wie Öl eingekauft und diese für eigene Zwecke verwendet zu haben. Dabei soll der 53-Jährige überhaupt nicht für den Einkauf zuständig gewesen sein und trotzdem die Mittel in Mengen angeschafft haben, die für einen Betrieb eigentlich zu gering sind.
Auch sonst ist die Liste an Vorwürfen gegen den 53-Jährigen so lang wie kurios: So soll er etwa Scheibenwischerblätter besorgt haben, die nicht zu den Fahrzeugen der Stadt, wohl aber zu seinem privaten Fahrzeug gepasst haben. Als weiteres Beispiel gilt ein Marderspray, das der Mann organisiert haben soll, obwohl die Fahrzeuge der Stadt elektronisch gegen die Tiere geschützt sind. Die Diskrepanzen also häuften sich und führten am Ende dazu, dass Oberbürgermeister Bernhard Gmehling dem Angestellten fristlos kündigte. Eine Tatsache, die der Mann nicht hinnehmen wollte.
Der 53-Jährige zog seinen ehemaligen Arbeitgeber vor Gericht und rechtfertigte sich. Wie er verlauten ließ, habe er nie beabsichtigt, die besagte Motorsäge zu stehlen. Er habe sie lediglich ausleihen wollen – und schließlich auch wieder zurückgebracht. Dabei berief er sich auf eine Dienstanweisung, die besagt, dass Gegenstände von der Arbeit mit nach Hause genommen werden dürfen. Weiter erläuterte er: Die Scheibenwischerblätter seien ein versehentlicher Kauf gewesen. Die Überstunden habe er aufgeschrieben, weil bis zu diesem Punkt nicht endgültig geklärt gewesen sei, wie seine Mehrarbeit vergütet wird. Denn, wie Rechtsanwalt Hubert Graf darlegte, habe sein Mandant auch in seiner Freizeit oder während seines Urlaubs immer wieder gearbeitet.
Zwei Positionen, die trotz einiger Ungereimtheiten zunächst Offenheit für einen Vergleich signalisierten. Richterin Schönleben dokumentierte bei einer Gütesitzung im April dafür bereits Bedingungen: Die Vorwürfe gegen den Ex-Angestellten dürfen nicht aufrecht erhalten werden; der Kläger bekommt eine „ordentliche Arbeitgeberkündigung aus betrieblichen Gründen“, ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis und eine Abfindung in Höhe von 3500 Euro. Die Einigung aber scheiterte. Wie berichtet, wurde sie vom Personalausschuss der Stadt Neuburg Ende April abgelehnt. Nun musste ein richterliches Urteil gefällt werden.
Am Mittwoch war es dann so weit, das Arbeitsgericht Ingolstadt verkündete seine Entscheidung: Richterin Karolina Schönleben wies die Klage des früheren Stadt-Angestellten ab. Die fristlose Entlassung des Mannes ist damit rechtens. Man habe die außerordentliche Kündigung „in Hinblick auf die Scheibenwischer, das Kraftstoffgemisch und das Haftöl“für begründet erachtet, hieß es in der Erklärung. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.