Neuburger Rundschau

Fünf Freunde für Luggi

Warum ein Jazzkonzer­t zur Hommage an den früheren Wirt der Blauen Traube wurde

- VON PETER ABSPACHER

Neuburg Ein knappes Dutzend Dozenten für Klassik und Jazz fallen jedes Jahr in die barocke Altstadt ein und bringen mit ihren Schülern Leben in die Bude, also in die gute Stube Neuburgs, wo sonst im August nicht unbedingt der Bär steppt. Und wer bringt, besser brachte, über all die Jahre die Protagonis­ten von Klassik und Jazz buchstäbli­ch an einen Tisch? Der frühere Wirt der Blauen Traube, den man in Neuburg und weit herum nur als Luggi kennt.

Dabei ist es nicht so einfach, Jazzer und Klassiker wirklich miteinande­r ins Gespräch zu bringen. Streiten sie sich doch zu gerne immer mal wieder darum, ob die eine Seite oder die andere den Anspruch auf die Krone der Musik mit größerem Recht erheben kann. Eigentlich eine müßige Debatte, aber am Stammtisch der Traube oder draußen auf den Bänken am Karlsplatz wurde sie – unter bescheiden­er Mithilfe eben dieses Luggi – bald in pures musikalisc­hes Wohlgefall­en aufgelöst.

Grund genug, der Neuburger Wirt-Institutio­n zur diesjährig­en Sommerakad­emie beim Konzert der Jazz-Dozenten ein eigenes Stück zu widmen. Der Titel: „Late night Luggi“. Was Guido May (Schlagzeug), Wolfgang Mayer (Klavier), Hugo Read (Saxofon), Sven Faller (Bass) und die Sängerin Esther Kaiser daraus machten, war typisch für den ganzen Jazz-Abend: musikalisc­he Tiefe, ausgewogen­er Sound, ausgeprägt­es Feeling und eine unaufdring­liche, lockere Art des Improvisie­rens, gegründet auf individuel­lem Können. Eine so liebevolle Widmung ist ein Geschenk, das nicht vielen gegeben wird.

Reichtum an musikalisc­hen Farben, eher Understate­ment im Ausdruck als der Versuch, sich auch mal einem Solo in den Vordergrun­d zu drängen, sich selbst und den anderen genau zuhören – das sind die Qualitäten dieses Jazz-Quintetts, das sich vor der Sommerakad­emie zum Teil gar nicht persönlich kannte und in dieser Besetzung noch nie zusammen aufgetrete­n war. Wilde, technisch fordernde Passagen etwa am Saxofon oder auf dem Klavier kommen klar und in sauberer Artikulati­on, das Schlagzeug setzt gepflegte, kurze Geistesbli­tze und platzt nirgendwo grob hinein, der Bassist tritt in seinen gezupften wie bei den gestrichen­en Soli als Meister seines Instrument­s in Erscheinun­g.

Die Sängerin Esther Kaiser fügt diesem feinen musikalisc­hen Konstrukt eine edle Note hinzu. Ihre Stimme mit der angenehmen, leicht dunklen Einfärbung glänzt über alle Facetten hinweg, von den fast hingehauch­ten lyrischen Tönen bis hin zu hochemotio­nalen Liedern des Soul und Blues.

Die Eigenkompo­sition „Blue“von Hugo Read geht mit diesen Qualitäten direkt ins Herz der Zuhörer. Und das Stück „Songs of Pain and Glory“wird zu einem Höhepunkt des Abends. Das Stück setzt die widersprüc­hliche Gefühlswel­t vieler Musiker – vom berauschen­bei den Triumph bis hin zu Selbstzwei­feln und dem Gefühl, eigentlich nichts wirklich zu können – in Töne um, die alle Empfindung­en unmittelba­r spüren lassen.

Und als Abschluss das lockere, von depressive­n Anwandlung­en freie Loblied der fünf Jazzer auf ihren Luggi. Und auch auf das Flair der Neuburger Altstadt, die im August auf die schönste Weise auflebt, durch die Jazzer, die Klassiker, die Liebhaber der Alten Musik, die bildenden Künstler, die Trommelkur­se der Kinder und vor allem die Begeisteru­ngsfähigke­it der Nachwuchsm­usiker aus aller Welt.

 ?? Foto: Peter Abspacher ?? Die Kunst der feinen Improvisat­ion: Jazz Dozenten der Sommerakad­emie beim Konzert im Stadttheat­er, Wolfgang Mayer (Kla vier), Esther Kaiser (Gesang), Sven Faller (Bass), Guido May (Schlagzeug) und Hugo Read (Saxofon).
Foto: Peter Abspacher Die Kunst der feinen Improvisat­ion: Jazz Dozenten der Sommerakad­emie beim Konzert im Stadttheat­er, Wolfgang Mayer (Kla vier), Esther Kaiser (Gesang), Sven Faller (Bass), Guido May (Schlagzeug) und Hugo Read (Saxofon).

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