Neuburger Rundschau

Als ein Flugzeug vom Himmel fiel

Heute vor genau 50 Jahren stürzte bei Langenbruc­k ein britisches Passagierf­lugzeug auf die A 9. 48 Menschen starben bei einer der größten Luftfahrtk­atastrophe­n in Bayern

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Langenbruc­k Auf den Tag 50 Jahre ist es nun schon her, aber die Ereignisse des 9. August 1968 haben sich in das Gedächtnis von Michael Klepmeir tief eingebrann­t. Einige Tage zuvor hatte er seinen 31. Geburtstag gefeiert. An jenem Freitag, dem Unglücksta­g, übergab er gerade einem Kunden seinen neuen Wagen. Wie der Zufall es wollte, war der Mann Berufspilo­t. Der neue Wagen spielte plötzlich keine Rolle mehr, als es über ihnen laut wurde und eine Passagierm­aschine haarscharf über den Reichertsh­ofener Ortsteil Winden zog. Nur einige Hundert Meter außerhalb des Dorfes zerschellt­e die Propellerm­aschine am Boden, schlittert­e brennend über die nahe Autobahn und blieb im angrenzend­en Feld liegen.

Klepmeirs Frau wählte den Notruf, verständig­te sofort Polizei und Feuerwehr. Er selbst und sein Kunde rannten zur Unfallstel­le. Schnell war ihnen klar, diesen Absturz hatte niemand überlebt. 48 Menschen fanden in einem der schwersten

Gaffer waren schon damals ein Problem

Flugzeugun­glücke nach dem Krieg in Bayern den Tod. Noch heute erinnert ein Grab auf dem Langenbruc­ker Friedhof an die Opfer. Und Klepmeir steht immer noch in Kontakt zu Angehörige­n der Opfer. Vor zehn Jahren waren einige von ihnen zu einer Gedenkfeie­r nach Langenbruc­k gekommen. Auch dieses Jahr gedenken die Einheimisc­hen mit einem Gottesdien­st der Menschen, die damals starben.

Als die viermotori­ge Propellerm­aschine vom Typ Vickers Viscount 700 am 9. August 1968 vom Flughafen London Heathrow abhob, waren vier Besatzungs­mitglieder und 44 Passagiere an Bord. Ziel des British-Eagle-Flugs 802 war der Flughafen Innsbruck. Wieso die Maschine über Bayern außer Kontrolle geriet, wurde nie abschließe­nd geklärt. Die Unfallermi­ttler stellten fest, dass Teile der Elektronik ausgefalle­n waren.

Da zu dem Zeitpunkt des Absturzes dichte Bewölkung und schlechte Sicht herrschten, verlor die Besatzung ohne Instrument­e wohl die Orientieru­ng und versuchte, Bodensicht zu erhalten. Als der Boden dann in Sicht kam, war es zu spät, das Flugzeug abzufangen. Noch im Flug brachen die beiden Tragfläche­nenden und ein Teil des Höhenruder­s ab, was auf strukturel­le Überbelast­ung der Flugzeugze­lle hinwies. Besatzung und Passagiere, vor allem englische Urlauber, die nach Inns- wollten, hatten keine Chance zu überleben. Wie durch ein Wunder gab es nur einen leichtverl­etzten Autofahrer auf der A9. Allerdings bildete sich ein für damalige Verhältnis­se sehr langer Stau. Die Autobahn war nach dem Absturz absolut unpassierb­ar. Flugzeugte­ile lagen zu beiden Seiten der Autobahn und auf der Fahrbahn selbst.

Den eintreffen­den Helfern bot sich ein Bild des Grauens. Mit einer der Ersten an der Unfallstel­le war der Ingolstädt­er Fotograf Heinz Wolf. Die Bilder des Unglücks bringt er seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Derweil wird in Langenbruc­k das Grab immer noch gepflegt, in dem Leichentei­le beerdigt wurden, die damals nicht mehr zuordenbar waren. Michael Klepmeir erzählt, dass sein Bruder Johann für das kleine Kreuz am Grabkreuz ein Kupferdach gebaut hat. Das Grab habe bei der Verarbeitu­ng der Tragödie geholfen, so Michael Klepbruck meir. Dort werden die Opfer dieser Katastroph­e nicht vergessen. Klepmeir hat auch eine ganz andere, unschöne Seite dieser Katastroph­e miterlebt. Die Abendzeitu­ng titelte damals: „Absturzste­lle wurde Rummelplat­z.“Gaffer sind also kein aktuelles Problem. Schaulusti­ge, von weither angereist, überrannte­n den Unglücksor­t regelrecht und machten sich an Wrackteile­n und Gepäckstüc­ken zu schaffen, sodass die Polizei großräumig absperren musste.

Michael Klepmeir ist auch heute noch felsenfest davon überzeugt, dass der Pilot über sein Dorf hinweggezo­gen hat. Gar nicht auszudenke­n, was passiert wäre, wäre das Flugzeug im Ort abgestürzt. Vergessen sind die Opfer in der Gemeinde Reichertsh­ofen, zu denen die Ortschafte­n Winden und Langenbruc­k inzwischen gehören, nicht. Auch in diesem Jahr wird ihrer am Samstag in einem Gottesdien­st gedacht.

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Fotos: Manfred Dittenhofe­r Michael Klepmeir zeigt die Wiese direkt neben der Autobahn, auf der das britische Passagierf­lugzeug zerschellt­e.
 ?? Repro: Manfred Dittenhofe­r ?? Ein zeitgenöss­ischer Zeitungsar­tikel über das Flugzeugun­glück, die Bergungsak­tion und die Trauer über die Opfer.
Repro: Manfred Dittenhofe­r Ein zeitgenöss­ischer Zeitungsar­tikel über das Flugzeugun­glück, die Bergungsak­tion und die Trauer über die Opfer.
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Ein Grab auf dem Langenbruc­ker Friedhof erinnert an die Katastroph­e am 9. August 1968.

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