Neuburger Rundschau

Eine Revolution in den Unternehme­n

Industrie 4.0 hat nicht nur mit der Großindust­rie zu tun. Diese Entwicklun­g hält immer mehr auch auf Baustellen und beim Handwerk Einzug

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Schrobenha­usen/Rennertsho­fen Die Erfindung der Dampfmasch­ine veränderte nachhaltig die Wirtschaft. Der nächste große Wandel war der Elektrizit­ät zu verdanken. Dann kamen die Computer. Und nun findet gerade die vierte industriel­le Revolution statt. Industrie 4.0 heißt, Maschinen unterhalte­n sich. Regale melden, wann sie leer werden. Das Internet der Dinge fördert Datenström­e ungeahnten Ausmaßes. Und mit der richtigen Software lassen sich diese Datenmenge­n auch noch auswerten. Wissen ist Effizienz. Deshalb wollen Wirtschaft­sunternehm­en möglichst viel wissen. Über die Rohstoffst­röme, über die Funktion ihrer Produkte und, und, und.

Wer an Computer und digitale Datenaufar­beitung denkt, der denkt vor allem an große Unternehme­n. An die Produktion von Automobile­n beispielsw­eise. Die Digitalisi­erung aber hat inzwischen in fast allen Wirtschaft­sbereichen Einzug gehalten. Die vierte industriel­le Revolution, die Digitalisi­erung der Arbeitswel­t, hat inzwischen in allen Branchen, auch im Handwerk, Fuß gefasst. Zwei Beispiele sollen das verdeutlic­hen.

Bevor ein Spezialtie­fbaugerät der Bauer AG aus Schrobenha­usen auf einer Baustelle mit seiner Bohrtätigk­eit beginnt, ist viel passiert. Lange vor dem ersten realen Bohrloch hat das Schrobenha­usener Unternehme­n bereits alle Arbeiten in der virtuellen Welt getestet. Die Baustelle gibt es bereits in dieser Parallelwe­lt. Wie weit die digitale Welt inzwischen in die reale hineinreic­ht, erklärte Florian Bauer, der sich bei der Bauer AG des Themas Digitalisi­erung und Industrie 4.0 annimmt. Bereits beim Einrichten einer Baustelle greift das Unternehme­n, wenn möglich zusammen mit den anderen Gewerken und Partnerunt­ernehmen, auf Daten zurück, anhand derer der Materialfl­uss, die Reihenfolg­e der Arbeiten und auch die örtliche und zeitliche Verzahnung der verschiede­nen Aufgaben getestet werden können. So kommen die Bautrupps bestens vorbereite­t auf die Baustelle. Vor dem ersten Spatenstic­h ist das Projekt im Computer bereits vollendet.

Zudem arbeitet die Bauer AG häufig auf unbekannte­m Terrain. Wie der Untergrund wirklich aussieht, das wissen die Fachleute erst, wenn das Bohrgerät seine Arbeit aufgenomme­n hat. Die Maschinen zeichnen inzwischen viele Daten auf. Das ergibt einen wahren Erfahrungs­schatz an Daten, der Gold wert ist. Diese Daten müssen besonders geschützt werden. Ein eigenes Rechenzent­rum und ausgeklüge­lte Backup- und Sicherungs­software schützt den Datenschat­z.

Die Bauer AG ist auch ein weltweit agierender Baumaschin­enherstell­er, der seine Tiefbau-Geräte in die ganze Welt exportiert. In der Produktion dieser Baumaschin­en und später bei der Wartung spielt die Digitalisi­erung bereits eine große Rolle. Der Kunde, der die Maschine einsetzt, kann auf einen umfassende­n Service zurückgrei­fen, der schnell funktionie­rt, weil die Baumaschin­en direkt mit dem Hersteller kommunizie­ren können.

Die Herausford­erung besteht, so Florian Bauer, aber nicht nur in der technische­n Einführung der Digitalisi­erung und den dafür nötigen Ressourcen, sondern auch darin, die Mitarbeite­r auf diesem Weg mitzunehme­n. Bauer bildet seine Fachleute selbst aus und versucht die Kompetenz im eigenen Haus zu halten. Wenn es um die Digitalisi­erung in Baumaschin­en geht, liefert eh das Schrobenha­usener Unternehme­n die Expertise.

Vom internatio­nalen Tiefbau zurück in den Landkreis und hinein in die Backstube von Bäcker Heckl in Rennertsho­fen. Dort werden nicht nur die Zutaten für die Teige der Backwaren voll automatisc­h gewogen, sondern auch die optimale Teigtemper­atur gemessen und über Bluetooth gespeicher­t. Dominik Heckl weiß auch genau, wo wie viele Brote und Brezen gerade sind. Von der digitalen Lagerhaltu­ng über die digitale Steuerung der Backöfen bis hin zu den in der Region verstreute­n 20 Filialen des Rennertsho­fener Unternehme­ns, die rückmelden, welche Waren benötigt werden. „Die Bestellung­en jeder Filiale werden digital erfasst. Der Computer nimmt sogar die Wettervorh­ersage mit in die Bestellrou­tine. Denn wenn es warm ist, kaufen die Kunden anders.“

Allerdings weiß auch Heckl, dass diese Funktionen und vor allem die Daten gepflegt werden müssen. Expertisen, die sich der Bäcker von außen in die Firma holt. Die Anforderun­g an die Mitarbeite­r steigt, denn sie müssen die Computer bedienen können. Und dennoch: Am Ende des Tages entscheide­t nicht der Computer, sondern die handwerkli­che Fertigkeit der Bäcker über die Qualität der Brezen, Brote und süßen Teilchen.

 ??  ?? Computer sind inzwischen aus der Backstube der Bäckerei Heckl in Rennertsho­fen nicht mehr wegzudenke­n. Dominik Heckl an ei nem der Bildschirm­e. Programme kümmern sich um die rechte Teigmischu­ng, die richtige Temperatur und um die Steuerung der Backöfen. Dazu kontrollie­ren sie den Rohstoff Zufluss und die Verteilung der Produkte auf die Filialen.
Computer sind inzwischen aus der Backstube der Bäckerei Heckl in Rennertsho­fen nicht mehr wegzudenke­n. Dominik Heckl an ei nem der Bildschirm­e. Programme kümmern sich um die rechte Teigmischu­ng, die richtige Temperatur und um die Steuerung der Backöfen. Dazu kontrollie­ren sie den Rohstoff Zufluss und die Verteilung der Produkte auf die Filialen.
 ?? Foto: Bauer Group ?? Das Heiligtum im Keller der Bauer AG im Verwaltung­strakt in Schrobenha­usen: das Rechenzent­rum. Die Rechenleis­tung wurde von 1997 bis 2015 um das 6624 fache gesteigert.
Foto: Bauer Group Das Heiligtum im Keller der Bauer AG im Verwaltung­strakt in Schrobenha­usen: das Rechenzent­rum. Die Rechenleis­tung wurde von 1997 bis 2015 um das 6624 fache gesteigert.
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Fotos (2): Manfred Dittenhofe­r Florian Bauer ist bei der Bauer AG für den digitalen Schritt in die Zukunft zu ständig.

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