Neuburger auf Mission im Baltikum
Die deutsche Luftwaffe beteiligt sich ab Anfang September an einer internationalen Nato-Schutzmission. Mit dabei sind rund 180 Soldaten aus dem Neuburger Geschwader. Was sie bei ihrem Einsatz erwartet
Neuburg Die deutsche Luftwaffe wird sich ab Anfang September wieder an der Nato-Schutzmission im Baltikum beteiligen, um von Estland aus den Luftraum zu sichern. Rund 180 Soldaten, die zu großen Teilen aus dem Taktischen Luftwaffengeschwader 74 stammen, verlegen für die Verstärkung des sogenannten „Air Policing Baltikum“bis Anfang Januar auf den Militärflugplatz Ämari, bevor sie vom Jagdgeschwader 71 „Richthofen“aus dem ostfriesischen Wittmund abgelöst werden.
Die Mission ist Teil der NatoMaßnahmen, die einen einheitlichen Schutz über dem gesamten Bündnisgebiet garantieren. Estland, Lettland und Litauen sind im Jahr 2004 der Nato beigetreten, besitzen aber keine geeigneten Kampfflugzeuge, um den eigenen Luftraum zu schützen. Seit 14 Jahren stellt die Nato daher wechselseitig Kräfte für diese Aufgabe bereit, bisher haben sich 17 unterschiedliche Nationen bereit erklärt, diesen Auftrag gemeinschaftlich zu übernehmen.
Deutschland beteiligt sich von Beginn an an dieser Mission. Im Jahr 2005 hatte Neuburgs Fliegender Verband dabei erstmalig noch mit der Phantom F-4F teilgenommen. 2009, 2014 und 2016 mit dem Waffensystem Eurofighter. Somit ist es für den oberbayerischen Verband in den kommenden Monaten der fünfte Einsatz im Baltikum. Die ersten zwei Einsätze erfolgten vom litauischen Flughafen Siauliai, alle weiteren aus dem estnischen Ämari.
Seit Beginn der Mission gleichgeblieben ist der erteilte Auftrag: Neben der allgemeinen Verstärkung der Nato-Präsenz an der Nord-OstFlanke des Bündnisses, ausgelöst durch die Krise in der Ukraine und auf der Krim, ist es das sogenannte „Air Policing“. „Das ist im Grunde genommen vergleichbar mit dem QRA-Auftrag in Neuburg, aber die Vorgehensweise ist im Detail doch anders“, betont der Kommandeur der Fliegenden Gruppe, Oberstleutnant Swen Jacob.
Er ist als erster Kontingentführer bereits in Ämari, sitzt selbst öfters im Cockpit und erklärt den Unterschied. „Während bei QRA-Einsätzen über der Heimat meistens zivile Flugzeuge mit fehlender Funkverbindung identifiziert werden, oder ihnen bei Luftnotlagen geholfen wird, so sind es über dem baltischen Luftraum meistens militärische Maschinen aus der russischen Föderation.“QRA steht für das englische „Quick Reaction Alert“, wobei die Flugzeuge rund um die Uhr in Bereitschaft stehen und bei Alarmierung in spätestens 15 Minuten in der Luft sein müssen.
Für die Verstärkung „Air Policing Baltikum“sind in diesem Jahr fünf Neuburger Eurofighter in Ämari stationiert. Für die Alarmrotte werden zwei Jets benötigt, die verbleibenden Luftfahrzeuge dienen als Ersatz. Mit dabei sind neben den Piloten Fachleute aus der Wartung, Instandsetzung und das Unterstützungspersonal. Während die Aufgaben für das Bodenpersonal – abgesehen von der unterschiedlichen Örtlichkeit und der Abwesenheit von zu Hause – mit den Arbeiten im Heimatverband vergleichbar sind, müssen die Piloten für diese Flüge ein spezielles „Mission Readiness Training“im Simulator absolvieren. Das Personal wechselt sich in den vier Monaten ab.
Der Kontingentführer Swen Jacob wird Anfang November von seinem Stellvertreter Oberstleutnant Sören Richter abgelöst. Vor zwei Jahren absolvierte das Taktische Luftwaffengeschwader 74 insgesamt 28 „scharfe“Einsätze in vier Monaten, bei denen moderne russische Kampf-, Transport- oder Aufklärungsflugzeuge identifiziert wurden. Derzeit erfüllen im Baltikum Luftwaffenkräfte aus Spanien, Frankreich und Portugal den NatoAuftrag. Abgelöst werden die Verbände Ende August von Belgiern (Siauliai) und den Deutschen (Ämari). Vorkommandos und Material sind bereits vor Ort. Der Großteil der beteiligten Soldaten wird am Montag, 27. August, im Rahmen eines Appells des bayerischen Staatsministers Florian Herrmann und Kommodore Oberst Thomas Früh verabschiedet. Einen Tag darauf starten die Neuburger Eurofighter nach Ämari.