Im Haus im Moos donnert’s
Kinder Im Sommer gab es im Wisentgehege der Umweltbildungsstätte in Kleinhohenried Nachwuchs. Jetzt wurden die zwei Neuzugänge getauft
Kleinhohenried Dichter, weißer Oktobernebel hüllt die Aussichtsplattform auf dem Gelände des Haus im Moos an diesem Morgen in dunstige Trübe. Die Kinder auf der Plattform drängen sich um ein rotes Fernrohr. Jeder will die braunen Schemen im Nebelmeer aus der Nähe betrachten, schließlich haben die Vorschüler der Kindertagesstätte St. Franziskus aus Waidhofen für ein im Juni geborenes Wisent einen Namen auserkoren. Welchen, das bleibt aber vorerst noch geheim.
Denn jetzt geht es erst einmal ein paar Meter weiter zum Wisentstall, wo schließlich auch die Kinder des Sonderpädagogischen Förderzentrums Neuburg und von dessen Außenstelle in Aresing eintrudeln. Dort begrüßt Michael Hafner, Geschäftsführer des DonaumoosZweckverbands, die rund 70 Kinder. „Die Wisentkälber sind schon ganz traurig, weil sie keinen richtigen Namen haben“, sagt er. Das ist natürlich ein untragbarer Zustand, daher haben beide Gruppen ein Lied zur Namensverkündung einstudiert: „Donnerblitz, so soll dein Name sein“, besingen die Waidhofener Vorschüler ihren Schützling, für den sie außerdem ein selbstgemaltes Geschenk dabei haben. Auch die Schüler des Förderzentrums haben ihrem fast vier Monate alten „Donnerlittchen“ein Ständchen gewidmet: „Du bist ein kleines Wisentkalb und keine riesen Kuh“, singen sie und klatschen im Rhythmus. Dass die erste Silbe der Namen gleich ist, ist kein Zufall. Die drei Anfangsbuchstaben „Don“stehen für den Geburtsort der Wisente: das Donaumoos.
Als Erinnerung an die Wisente überreicht Landrat und Vorsitzender des Donaumoos-Zweckverbands Roland Weigert den Kindern eine gerahmte Urkunde und einen Gutschein, damit sie die Tiere das ganze Jahr über kostenlos im Haus im Moos besuchen können. Das Wisent-Projekt ist ein „Artenschutzprojekt von globalem Rang“, wie Weigert erklärt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die letzten in freier Wildbahn lebenden Tiere ausgerottet. Durch koordinierte Zuchtarbeit gelang es aber, die Tiere zu vermehren und teilweise auszuwildern. Im vergangenen Mai wurden beispielsweise fünf Wisente aus der Zucht im Donaumoos nach Rumänien in die südlichen Karpaten ausgesiedelt. Heute leben weltweit rund 5000 Exemplare.
Im Donaumoos gibt es die Wisente, übrigens die größten Säugetiere Europas, seit 2002. Den Anfang machten damals Nox und Nola aus Nürnberg, später kamen Tiere aus Zuchtprojekten in Deutschland, Schweden und der Schweiz hinzu. Mittlerweile gibt es im Haus im Moos 31 Wisente. Das erste Kalb wurde im Dezember 2003 geboren, berichtet Michael Hafner. Damals wurde der Neuzugang über Leserzuschriften nach Aufrufen in den Medien auf den Namen Donna getauft. Später, erzählt Willi Riß vom Donaumoos-Zweckverband, sei dann die Idee aufgekommen, die Namensfindung Kindergärten in der Region zu überlassen.
Und so kommt es, dass die Kinder jetzt vor der umzäunten WisentWeide stehen und mit Sicherheitsabstand Karotten und Kastanien in silberne Futtertröge werfen. Die Jungtiere, unter ihnen auch Donnerblitz und Donnerlittchen, halten sich dabei eher im Hintergrund. Es sind die erwachsenen Tiere, die behäbig ihre Köpfe mit den langen, schwarzen, nach innen gebogenen Hörnern in die Tröge strecken und die Leckereien zermalmen. Dabei blitzt immer wieder ihre gräulich blaue Zunge zwischen den Zahnreihen hervor. „Wir haben eine rote“, bemerkt ein Junge.