„Bei Markus Söder war ich lange skeptisch“
Interview Bayerns Ministerpräsident ist es gelungen, Uschi Glas für sich zu begeistern. Die Schauspielerin wünscht sich, dass die CSU bei der Landtagswahl auf 45 Prozent kommt. Was sie an der Politik am meisten ärgert
Glas, was regt Sie an der aktuellen Politik gerade am meisten auf? Uschi Glas: Am meisten regt mich auf, dass wahnsinnig viel Negatives über unser Land erzählt wird. Überall hängen scheinbar schwarze Wolken über uns am Himmel, ich halte diese Art von Politikpessimismus für völlig überzogen. Das ärgert mich echt.
Wie meinen Sie das?
Glas: Na, der ganz großen Mehrheit in diesem Land und ich meine damit nicht nur in Bayern, geht es so gut, dass die gefühlten Ängste und die Politikverdrossenheit, auch mit den Volksparteien, mit der Realität überhaupt nicht übereinstimmt. Sicherlich gibt es Probleme und vieles könnte man vielleicht besser machen. Die Angstmache, dass alles so viel schlimmer wird, ist jedoch völliger Unsinn. Ich frage Sie: Was ist denn so schlimm? Dieses Gejammere und Gezetere kann ich nicht verstehen.
Weil früher nicht alles besser war? Glas: Wie man weiß, bin ich ja nicht mehr die Jüngste. Ich kann mich aber noch gut an meine Kindheit erinnern, als tatsächlich noch viele Menschen arm waren. Damals mussten sich deutlich mehr als heute zur Decke strecken. Es gab auch wahnsinnig viele Flüchtlinge, die untergebracht werden mussten. Für die mussten Jobs gefunden werden. Das hat man hingekriegt, weil die Menschen zusammenhalfen.
War damals die Ablehnung nicht so hoch?
Glas: Ach, damals war auch nicht alles so toll. Die Flüchtlinge haben auch die Ablehnung gespürt, weil sich die Leute mit ihnen Wohnungen und Häuser teilen mussten. Da waren auch nicht alle glücklich, dass sie fremde Menschen im Haus hatten, das muss man auch mal sagen. Man sollte sich die Vergangenheit nicht schöner reden, als sie war.
Es ist heute viel gefühlte Angst im Umlauf, die wenig realen Boden hat. Glas: Ich bin wirklich viel unterwegs. Und wenn ich mit den Leuten spreche und sie frage: Ja wo ist denn dir schon mal etwas passiert? Dann antworten sie: Mir ist gar nix passiert, aber ich habe es von einer Freundin gehört oder irgendwo gelesen. Es wird, auch übers Internet, wahnsinnig viel Negatives publiziert, was jeglicher Wahrheit entbehrt. Das halte ich für ziemlich gefährlich.
Kann man das überhaupt einfangen? Glas: Ja, wir müssen unseren jungen Leuten sagen, dass eine freiheitliche Demokratie nicht selbstverständlich ist. Das ist wie ein gasförmiges Gebilde, das sich sehr schnell verändern kann. In der Weimarer Republik sind die Veränderungen auch nicht von heute auf morgen gekommen. Hitler hat sich auch an die Macht geschlichen. Ich finde so eine Entwicklung wahnsinnig gefährlich.
Könnten Sie sich vorstellen, dass so etwas wie die Nazis Deutschland noch einmal ereilt?
Glas: Man kann die AfD jetzt nicht mit der NSDAP gleichsetzen. Aber die Mechanismen sind ähnlich. Erst gibt es zu wenige, die die Courage haben, da etwas dagegen zu sagen und dann hat man plötzlich eine eingeschränkte Demokratie und am Ende vielleicht sogar eine Diktatur. Ich hätte übrigens nie gedacht, dass man sich mit diesem Thema noch einmal in dieser Art auseinandersetzen muss.
Weil die Demokratie so sicher verankert schien.
Glas: Ich weiß ja nicht, wie alt Sie sind. Ich jedenfalls habe die ganze Wut der 68er erlebt. Das waren auch gefährliche Zeiten. Damals ging es darum, die Nazizeit aufzuarbeiten. Heute lebt die Jugend wie selbstverständlich in einer freien Welt. Ich kannte auch die DDR, die CSSR, wo ich damals Filme drehte. Daher weiß ich, wie es ist, wenn man nicht frei sprechen kann oder bestimmte Zeitungen nicht im Auto liegen haben darf. Oder schauen Sie sich die Türkei an, wo Menschen ohne Verfahren eingesperrt sind. Ich kenne da persönlich einen Fall, da sitzt seit über einem Jahr ein Journalist ein, der krank ist. Der weiß noch nicht mal, weswegen er festgehalten wird. Ihm wird einfach unterstellt, dass er bei dem Umsturzversuch dabei war.
Die Demokratie wurde in der Türkei erstaunlich schnell demontiert.
Glas: Ja, Erdogan und die Türkei sind ein gutes Beispiel, wie ein Land in eine Diktatur rutscht. Es ist schon erstaunlich, plötzlich ist seine ganze Familie in den Machtapparat eingebunden und die verdienen alle Unmengen Geld. Jetzt ist es dort fast zu spät, noch etwas dagegen zu unternehmen.
Zurück nach Bayern. Sie haben, obwohl politisch in der CSU verortet, wegen Ihrer Unterstützung für die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung viele Hass-Mails bekommen. Hat sich das wieder gelegt?
Glas: Ja, das hat sich Gott sei Dank wieder gegeben.
Sie ärgern sich aber noch heute darüber, dass Sie seit Jahrzehnten nach Ihren politischen Ansichten beurteilt werden. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagten Sie: „Es hat mir sehr weh getan, dass ich jahrelang als schwarze Zicke oder als beste Freundin von Strauß bezeichnet wurFrau de von Leuten, die mich gar nicht kannten.“
Glas: Das war manchmal schon grenzwertig. Ich erinnere mich an eine Begebenheit, da bin ich mal in ein bei Studenten beliebtes Münchner Weinlokal gegangen. Plötzlich buht das ganze Lokal. Ich habe mich umgedreht, weil ich dachte, wer kommt denn da. Dabei war ich gemeint. Das ist mir nicht nur einmal passiert. Das hat mich rebellisch gemacht, weil ich mir dachte: Da reden alle von Demokratie, und ich wähle eine demokratische Partei. Und die anderen können das nicht aushalten. Sie sind so undemokratisch, dass sie mich ausschließen. Ich habe nach ,Zur Sache Schätzchen’ nie mehr einen jungen deutschen Film gedreht. Da wurde ich regelrecht abgestraft.
Das war schon seltsam, wie sich manche Menschen Ihnen gegenüber verhalten haben.
Glas: Ja, da haben damals Filmemacher Preise gewonnen, dann haben sie Franz Josef Strauß, der sie überreichte, die Hand verweigert. Aber das damit verbundene Geld haben sie schon genommen. Konsequent war das nicht.
Kannten Sie denn Franz Josef Strauß besser?
Glas: Ich kann nicht sagen, dass ich befreundet war. Aber ich habe ihn und seine Frau natürlich kennengelernt. Vor allem zu Marianne Strauß habe ich ein gutes Verhältnis gehabt. Ich war ja schon immer sozial eingestellt und Frau Strauß sagte zu mir: Uschi, wenn du dich um etwas kümmern möchtest, dann engagiere dich für das Frauenhaus. Marianne Strauß hat das erste Frauenhaus in München gegründet. Da habe ich mich jahrelang drum gesorgt. Mit ihr hatte ich einen guten Kontakt. Strauß selber habe ich immer für einen blitzgescheiten Mann gehalten. Mit ihm Gespräche zu führen oder auch nur zuzuhören war einfach hochinteressant. Ich habe übrigens auch den Herrn Wehner kennengelernt, denn ich komme aus der Zeit, als diese großen Politiker aktiv waren.
Sie haben sich im Jahr 2000 mit 10 000 Mark an einer Solidaritätsaktion für Helmut Kohl beteiligt, als diesem eine Strafe im Rahmen der CDU-Spendenaffäre auferlegt wurde. Würden Sie das heute noch einmal machen? Glas: Natürlich. Ich habe mich damals so empört darüber, wie man den Helmut Kohl gejagt hat. Und die Leute haben dann gesagt: Ui, jetzt hat die Glas dem Kohl 10000 Mark gegeben. Das Geld floss aber nicht zu Kohl, sondern damit wurden Kosten einer Strafe bezahlt. Warum habe ich das gemacht? Es mag eine etwas altmodische Einstellung sein. Aber wenn Kohl sagte, er habe sein Ehrenwort gegeben und er breche es nicht, dann habe ich erwartet, es muss doch mal einer von diesen Spendern aus dem Schatten raustreten. Keiner hat das gemacht, alle haben Kohl hängen gelassen. Das fand ich total unfair. Denn Kohl hat sich privat nicht bereichert. Auch Frau Merkel ist für mich eine tolle Frau, die sich nie bereichern würde. Die hat nirgendwo einen luxuriösen Bungalow heimlich stehen, die arbeitet sich für unser Land auf. Natürlich hat sie auch Fehler gemacht. Aber da halte ich es mit meinem Jesus: Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein…
Was sagen Sie denn zu Horst Seehofer, von dem viele sagen, er sei gerade dabei, sein politisches Lebenswerk zu zerstören?
Glas: Also ich mache mir Sorgen. Ich denke, der ist nicht gut beieinander. Und ich hoffe, ich habe unrecht.
Ist Markus Söder der richtige Ministerpräsident?
Glas: Bei Markus Söder war ich lange skeptisch. Ich habe ihn jedoch kennengelernt, (noch als Finanzminister), als er eine Rede bei einer Veranstaltung meines Vereins brotZeit („brotZeit“e.V. sorgt in acht Bundesländern dafür, dass täglich etwa 10 000 Kinder an ihren Schulen vor Unterrichtsbeginn ein reichhaltiges gesundes Frühstück erhalten/ Anm. d. Red.) hielt. Es war ein Dankeschön-Abend für unsere Senioren, die ehrenamtlich jeden Morgen das Frühstück für die Kinder vorbereiten. Markus Söder hat trotz des damaligen Wahlkampfstresses zugesagt und eine wunderbare Rede zum Thema Ehrenamt gehalten. Und am nächsten Tag, morgens um sieben, stand er in der Schule, hat sich eine Schürze umgebunden und hat mit den Senioren und mir Frühstück für die Kinder gemacht. Da dachte ich mir: Hoppala, der ist anders, als er öffentlich rüberkommt.
Es gibt ja viele, die sagen, Bayern braucht eine Regierung aus mehreren Parteien. Finden Sie das auch?
Glas: Also ich sage Ihnen: nein. Und zwar, weil Bayern so gut dasteht. Bei den meisten Koalitionsoptionen wären Streitereien vorprogrammiert. Zwar gehören Kompromisse zum Wesen der Demokratie, aber ich glaube nicht, dass das Land dann besser regiert wird.
Wäre die AfD eine Koalitionsoption für die CSU?
Glas: Ganz klar, nein. Ich möchte zwar nicht jedem Wähler der AfD unterstellen, dass er ein Demokratieproblem hat. Aber die Demonstrationen in Chemnitz, wo die AfDLeute mit den Nazis in einer Reihe gegangen sind, haben mich schon entsetzt. Ich befürchte, dass bei der AfD ganz viele gefährliche Leute dabei sind.
Was wäre denn Ihre Lieblingswahlergebnis-Konstellation?
Glas: (lacht) Es wäre super, wenn die CSU auf 45 Prozent käme.
Wie ist es mit der SPD, die ja in Bayern langsam unter die Wahrnehmungsgrenze rutscht?
Glas: Ich hoffe, sie bekommt ein besseres Wahlergebnis, als es die Umfragewerte vorhersagen. Aber es stimmt schon. Die Grünen sind so im Aufwind, die ziehen Wähler zu sich rüber. Es tut mir in der Seele weh, wenn man darüber nachdenken muss, ob eine Volkspartei wie die SPD ein zweistelliges Wahlergebnis bekommt.
Was empfinden Sie als die wichtigste und drängendste Zukunftsfrage der bayerischen Politik?
Glas: Bildung, Bildung, Bildung. Ich würde mir mehr Ganztagsschulen wünschen, in denen Kinder unter der Obhut von Erziehern und Lehrern sind, die mit ihnen auch die Hausaufgaben erledigen. Denn nur dann haben alle Kinder gleiche Chancen, die eigenen Begabungen zu entdecken.
Hätten Sie nicht selbst mal Lust gehabt, politisch in die richtige Richtung anzuschieben?
Glas: Der Franz Josef hat zu mir, als ich jung war, schon mal gesagt: Uschi, du musst mal in die Politik gehen. Aber, nein danke. Ich halte mich wirklich für einen fleißigen Menschen. Aber diese ständigen Termine, nein, das ist nichts für mich.