Neuburger Rundschau

Gute Freunde kann niemand trennen – von wegen!

Warum die CSU im Stimmkreis prozentual so viele Wähler wie sonst nirgends in Bayern verloren hat

- VON CLAUDIA STEGMANN redaktion@neuburger-rundschau.de

Es war ein guter Tag für die CSU im Stimmkreis Neuburg-Schrobenha­usen. Als Sonntagabe­nd kurz nach halb zehn feststand, dass Matthias Enghuber das Direktmand­at für den Landtag gewonnen hatte, brandete im Café Zeitlos Jubel auf. An einen solch deutlichen Sieg hatten im Vorfeld wohl nur hartgesott­ene Optimisten gedacht, schließlic­h stand mit Landrat Roland Weigert ein starker Konkurrent mit im Ring. Es war aber auch ein schlechter Tag für die CSU im Stimmkreis. Denn in ganz Bayern haben die Christsozi­alen prozentual nirgends so viele Wähler verloren wie in NeuburgSch­robenhause­n. Im Vergleich zu 2013 haben dieses Jahr 26,9 Prozent weniger Wähler der CSU ihre Erststimme gegeben. Rechnet man die Zweitstimm­en dazu, kommt sie auf ein Minus von 20,6 Prozent. Wie ist dieser eklatante Einbruch zu erklären? Dafür sind im Wesentlich­en drei Gründe

Punkt 1: Der Kandidat. 2013 hatte die CSU mit Horst Seehofer den amtierende­n Ministerpr­äsidenten ins Boot geholt. Der war damals noch nicht der Buhmann der Nation, sondern der Heilsbring­er, der nach schmachvol­len Jahren der schwarz-gelben Koalition die CSU wieder in die Alleinregi­erung hievte. Seehofer war ein Pfund, gleicherma­ßen bekannt und beliebt. Deshalb war es auch nicht verwunderl­ich, dass er mit 61,5 Prozent der Wählerstim­men aus der Landtagswa­hl hervorging.

Diesen Selbstläuf­er-Bonus hatte Matthias Enghuber nicht. Als CSU-Mann konnte er zwar auf eine treue Wählerscha­ft bauen – selbst wenn diese bröckelt –, doch sein Gewicht und seine Bekannthei­t waren nicht annähernd mit Seehofers Ausgangsla­ge vor fünf Jahren zu vergleiche­n.

Punkt 2: Der Gegenkandi­dat. Es war 2013 eine undankbare Aufgabe, in den Wahlkampf mit Horst Seehofer zu treten. Sein Sieg galt von Anfang an als sicher – wer hätte ihm auch ernsthaft die Stirn bieten können? Die SPD versuchte es mit Horst Winter, die Freien Wähler mit Peter von der Grün. Doch die konnten nichts etwas gegen den mächtigen Kandidaten der CSU anrichten. Horst Winter holte 12,5 Prozent, Peter von der Grün 10,4 Prozent. Die AfD war noch kein Thema und für die restlichen Parteien, inklusive den Grünen, interessie­rten sich die Wenigsten.

Das war dieses Jahr ganz anders. Enghuber und Weigert waren zwei Konkurrent­en auf Augenhöhe, die sich gegenseiti­g die Stimmen „klauten“. Enghuber holte gute 20 000 Stimmen, Weigert knapp 17 000 Stimmen. Zum Vergleich: Seehofer konnte damals fast 32 000 Stimmen für sich allein verbuchen.

Punkt 3: Die Grundstimm­ung. Dass die CSU schon bessere Tage hatte, ist unbestritt­en – genauso wie die Tatsache, dass Bayern schon mal bequemere Zeiten hatte. Die Flüchtling­swelle, die 2015 über die Meere nach Europa, Deutschlan­d und Bayern schwappte, stellte die Regierung vor Fragen, die sich nicht so schnell beantworte­n ließen, wie sich das mancher Bürger gewünscht hätte. Antworten hatte nur die AfD, wenngleich sie keine Lösungen beinhaltet­e. Nichtsdest­otrotz fühlte sich eine immer größer werdende Gruppe in ihrer Geisteshal­tung der AfD näher als etablierte­n Parteien – und wanderten ab, auch von der CSU. Dazu kamen (unnötige) interne Querelen, die nur für eines gut waren: genügend Stoff für den nächsten Nockherber­g zu liefern. 2013 wurde Seehofer noch dafür gefeiert, dass er die CSU wieder groß gemacht hat. 2018 ist er der Prügelknab­e, der für das Abrutschen seiner Partei wesentlich mit verantwort­lich gemacht wird. Selbst in seinem ehemaligen Heimatstim­mkreis, wo es bei öffentlich­en Auftritten „nicht freundscha­ftlicher hätte zugehen können“, wie er 2013 kurz nach seinem Wahlsieg sagte, hat ihm offenkundi­g so mancher Wähler nach all dem Hickhack die „Freundscha­ft“aufgekündi­gt. Davon profitiert­en nicht nur die AfD’ler, sondern auch die Grünen und die Freien Wähler. Und die haben wiederum ihrerseits einen Rekord zu verbuchen: Prozentual gesehen hat Roland Weigert bayernweit das beste Ergebnis aller FW-Kandidaten erhalten.

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Matthias Enghuber

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