Ein fulminanter Fingertanz
Veranstaltungsreihe Finale der 71. Neuburger Barockkonzerte: Die russischen Cembalistinnen Anna Kiskachi und Anastasia Antonova bieten ungewöhnliche Interpretationen
Neuburg Zwei Cembali, Seite an Seite, schmiegten sich im Zentrum des Rittersaales aneinander. Gegenpol waren nur die Manuale. Eine perfekte Bühne für die russischen Cembalistinnen Anna Kiskachi und Anastasia Antonova, das CembaloDuo A&A. Die beiden Frauen bestritten das Finale der 71. Neuburger Barockkonzerte am Sonntagvormittag.
„Danse Macabre“, der Titel der Matinee, war Programm und Höhepunkt zugleich: Tänzen des Wahnsinns, der Liebe, des Lebens und des Todes hauchten die beiden Künstlerinnen mit ungewöhnlichen Interpretationen und hingebungsvollem Spiel Farbenreichtum, Lust und Liebe ein. „Wahnsinnig“waren die Notenbilder Joseph-Nicolas-Pancrace Royers, die jedoch mühelos umgesetzt wurden. Düster, mit vielen Läufen, Trillern und Arpeggios malte Antonova den Wahnsinn. Fragil wirkende Klangperlen konkurrierten mit rotierenden, jagenden Rhythmen. Sie kitzelte bei seinem „La Marche des Scythes“ buchstäblich jede Stimmung aus dem Cembalo heraus. Kiskachi gelang es, bei dessen „Vertigo“furiose, satte Klänge wie manisch in die Tasten zu hämmern und Sekunden später pulsierenden, feinen Klängen nachzuhängen. Antonova bot bei Händels „Lascia ch’io pianga“einen empathischen Vortrag, der den Schmerz der Liebe bis ins Innerste transferierte. In steter Korrespondenz, mal verspielt und scherzend, dann wieder zielgerichtet vorwärtsstrebend, schlossen A&A nicht wenige Überraschungsmomente ein, Körper, Tambourin oder das Holz des Cembalos rhythmisch mit einbindend. Auch den höfischen Tänzen Henry Purcells drückten sie ihren unkonventionellen Stempel auf, wobei die Performance ihrer Körper und Arme stets ein Teil der Darbietung war. Nahmen beide Cembalistinnen an einem Instrument Platz, so schienen ihre vier Hände nur einem Körper anzugehören. Absolut authentisch schufen sie bei den slawischen Tänzen Dvoráks ein opulentes Klangbild, bei dem fulminante Steigerungen und rasante Tempi durch den Saal wirbelten.
Ein Konzert mit dem Tanz des Todes zu beenden, ist mutig, war aber die richtige Wahl. Denn bei allen drei Titeln zu diesem Thema stand zwar die musikalische Düsternis – auch die des Rittersaales – im Vordergrund. Jedoch die Mystik, die in schierer Verzweiflung über die Tasten springenden vier Hände, begleitet von der stets schlagenden Uhr des Lebens, bot zwar beängstigende Klänge, sie löste sich aber harfenartig, sphärisch klingend, gepaart mit den Sonnenstrahlen, die durch die Fenster fielen, in Harmonie auf. Einfach grandios!