Eine der besten Blockflötensolistinnen trifft ins Herz
L’arte del mondo und Dorothee Oberlinger beeindrucken mit mitreißenden Barock-interpretationen
Ingolstadt Das Orgelkonzert in F-dur von Georg Friedrich Händel für Blockflöte hört man so gut wie nie in Konzerten, noch dazu in „Basso-continuo-begleitung“. Aber Dorothee Oberlinger weiß, wie Barock geht. Sie entlockt ihrer Flöte die so wundervollen Töne, spielt elegant und mit atemberaubender Technik. Zusammen mit dem Ensemble L’arte del mondo entsteht damit bereits zu Beginn des gut besuchten Konzertes im Theaterfestsaal ein Klangteppich, agogisch transparent und glänzend.
Virtuosität nur auf schnelle Finger zu beziehen, wäre zu einfach. Oberlinger überzeugt durch virtuos angelegte Passagen, ihre Spielweise wirkt fast lässig, ihre Musikdarbietung sinnlich. Dabei agiert sie mit Innigkeit und Leidenschaft, die das Publikum in dieser Intensität wohl selten erleben darf. Im Konzert für Blockflöte und Streicher in F-dur von Giuseppe Sammartini wirkt die Begleitung durch das Orchester gekonnt reduziert. Dorothee Oberlinger setzt unerwartete Akzente und lässt die Musiker mühelos Rhythmuswechsel zelebrieren. Barocke Nuancen, wie das Zusammenspiel aller Instrumente mit Solopassagen wirken prachtvoll und erlesen.
Die Echopreisträgerin war nicht zum ersten Mal beim Konzertverein zu Gast. Auch in Neuburg, wo sie lange Zeit bei der Sommerakademie als Dozentin aktiv war, ist sie bekannt. Heute wirkt Oberlinger bei den großen Festivals und Konzertreihen in ganz Europa, Amerika und Asien und spielt als Solistin mit renommierten Barockensembles.
Neben ihrer intensiven Beschäftigung mit der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts widmet sich die Solistin immer wieder auch der zeitgenössischen Musik. Seit 2009 ist sie Intendantin der Arolser Barockfestspiele und seit 2004 Professorin an der Universität Mozarteum Salzburg, wo sie das Institut für Alte Musik leitet.
L’arte del mondo, 2004 von seinem künstlerischen Leiter Werner Ehrhardt gegründet, ist Garant für solide Darbietung Alter Musik. Eines der Markenzeichen dieses Orchesters sind seine ausgefallenen, höchst innovativen Programme, mit denen es weit über den Tellerrand des gängigen Konzertbetriebs und damit in dessen Zukunft schaut. Hierzu zählen musikalisch-interkulturelle Projekte wie mit dem türkischen Pera Ensemble, mit Künstlern der Peking-oper oder israelischen und palästinensischen Musikern.
Beim Concerto grosso D-dur von Händel überzeugten die Musiker im Konzertverlauf somit erneut durch herrliche Transparenz, solistische Prägnanz und edle Klangstruktur.
Alte Musik lebt von vielerlei Nuancen, von Rhythmus und Leidenschaft. Oberlinger, neben Maurice Steger die im Moment wohl gefragteste Blockflötensolistin, die im zweiten Teil Werke von Vivaldi intonierte, erfreute in Ingolstadt einmal mehr durch ihr höchst virtuoses, gleichermaßen innig und facettenreich angelegtes Spiel, ganz zur Freude des spürbar beeindruckten Publikums.