Nur ein Job auf Zeit?
Verteidiger Colton Jobke besitzt einen Probevertrag bis Ende November. Er soll bleiben, sagt sein Trainer. Er will bleiben, sagt Jobke. Und der Verein? Hält sich noch bedeckt
Ingolstadt Doug Shedden ist nicht unbedingt bekannt für seine Sentimentalität. Nach schlechten Leistungen soll die Panther-kabine unter ihm schon so manchen Wutanfall erlebt haben. Bei Interviews kaut der Kanadier stets verbissen auf seiner Unterlippe herum. Shedden verkörpert die autoritäre Strenge eines Generals. Es erstaunte also schon ein wenig, als der Trainer des ERC Ingolstadt nach dem gestrigen Abschlusstraining sagte: „Ich wäre traurig, ihn gehen zu sehen, so viel ist sicher.“Zwar ging ihm das recht trocken über die Lippen, aber man merkte: Er meinte das auch so.
Objekt von Sheddens ungewohnter Gefühlsoffensive war Colton Jobke. Der Verteidiger besitzt bei den Panthern lediglich einen Probevertrag bis Ende November. Ob er verlängert wird, steht noch nicht fest. Man merkt Jobke diese Unsicherheit nicht an, wenn man mit ihm spricht. „Ich würde sehr gerne bleiben“, sagt der 26-Jährige. „Aber ich kann nur jeden Tag auf’s Eis kommen und mein Bestes geben. Der Rest wird sich von selbst ergeben.“Jobke lacht viel. Vor dem Händedruck zur Begrüßung wischt er sich die schweißnassen Hände an der Hose ab. Ein netter Typ sei er, sagen alle. Einer, der kommunikativ sei, unterstützend, positiv. „Ich glaube, man muss keinen Buchstaben auf der Brust tragen, um ein Leader zu sein. Vielleicht denken manche Jungs, dass ich zu viel rede, aber für mich ist das einfach ein Weg, um fokussiert zu bleiben“, sagt Jobke, den man sich dank seines Bartmodells und der offenen Art nur allzu gut mit Flanellhemd und Axt in der Hand als Holzfäller in den Wäldern seiner kanadischen Heimat British Columbia vorstellen kann.
Diesen Sommer geholt als solider Defensivverteidiger aus Straubing, hat Jobke bisher alle Erwartungen erfüllt. In Unterzahl blockt er Schüsse „wie ein Torhüter“, sagt Shedden. Ob als Ersatzstürmer oder siebter Verteidiger, Jobke nimmt jede Rolle klaglos an. „Colton ist ein exzellenter Teamspieler. Er würde auf und abseits des Eises alles für seine Kameraden tun“, sagt Shedden. Das Internet spuckt viele Videos aus, die verraten, was „alles“in Jobkes Fall bedeuten kann: Jobke, wie er Gegner über den Haufen fährt. Jobke, wie er Fäuste schwingt. Jobke, wie er am Boden kauernde Hockeyhünen über das Eis schleift als wären sie ein Sack Zement.
kämpfe nie aus Rachsucht, sondern normalerweise, um das Momentum zu drehen“, sagt Jobke, der im ERCI-DRESS allerdings erst zweimal die Handschuhe fallen ließ. „Glücklicherweise lagen wir bisher oft in Führung, es gab also nie wirklich eine Gelegenheit. Ab und zu habe ich den Coach schon gefragt, ob ich rausgehen und was tun soll. Aber er meinte, es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.“
Jobke knetet dabei seine vernarbten Knöchel an der linken Hand. Eine üble Geschichte. Bei einer Massenschlägerei in seiner Juniorenzeit fällt er auf seinen Gegner. Er stützt die Hand auf das Eis, der Schiedsrichter fährt darüber und durchtrennt ihm mit seiner Kufe drei Sehnen. „Ich bin ziemlich froh, noch alle Finger zu haben. Das hätte meine Karriere beenden können“, erinnert sich Jobke.
Auch wenn sich der Verein noch bedeckt hält, lauscht man dem Flurfunk in den Katakomben der Saturn Arena, dann müsste es schon mit unnatürlichen Dingen zugehen, wenn Jobke die Saison nicht in Ingolstadt beenden würde. Sein Berater und der Verein befinden sich momentan in Verhandlungen. „Es ist großartig, ihn zu haben“, betont Shedden jedenfalls noch einmal. „Ich hoffe, wir können ihn halten.“Damit wird er nicht alleine sein. Einen traurigen Doug Shedden will in Ingolstadt wirklich niemand sehen.
● Personal: Doug Shedden bleibt seinem Motto „Never change a win„ich ning team“treu: Timo Pielmeier wird bei der heutigen Auswärtspartie in Straubing (19.30 Uhr) zwischen den Pfosten stehen. Benedikt Kohl (Unterkörper) und Darin Olver (Rücken) fallen angeschlagen aus. Vili Sopanen ist überzählig.
● Gegner: Die Panther verloren zuletzt fünf Pflichtspiele in Folge gegen die Tigers. Nach einem vielversprechenden Start rutschten die Niederbayern zuletzt auf Rang neun der Tabelle ab. „Straubing war schon immer ein hart arbeitendes Team. Es ist nicht einfach, dort zu spielen, vor allem im Winter ist es in der Halle bitterkalt“, sagt Colton Jobke. Er muss es wissen. Immerhin stand er drei Jahre für die Tigers unter Vertrag.