Die Heimat wartet
Neue Augsburger Zeitung
Der gestrige Sonntag stand im Zeichen sehnsüchtigen Wartens. Die Menschen in den Straßen, die Fahnen an den Häusern, die Ehrenpforte am Bahnhof und besonders die Nachbarschaft der schön geschmückten Kasernen, die immer, im Kriege wie im Frieden, außerordentlich viel auf „ihre“Soldaten gehalten hat, warteten, warteten – warteten. Die Sehnsucht war, fast möchten wir sagen: körperlich zu verspüren, sie ging von einem auf den anderen über, sprach aus Miene und Wort und ließ nicht zu, dass Hände und Füße sich in Sicherheit gebracht hätten vor dem – Erfrieren, denn ein bitterkalter Tag machte das Warten alles andere denn angenehm. Zu vielen Hunderten umlagerten die Augsburger tagsüber den Bahnhof oder zogen durch die Straßen, um die Ausschmückung der Stadt zu bewundern. Und sie ist in der Tat bewundernswert! Wer hätte unserem fahnenmüden Augsburg solche Regsamkeit und Schmuckfreudigkeit zugetraut? Schon daraus lässt sich erkennen, wie aufrichtig und echt die Freude ist, die jeder in Augsburg über die Rückkehr der Truppen empfindet. Sie wird auf immerhin noch harte Probe gestellt werden! Die Truppen kommen zu Fuß über die Grenze und werden erst im Inneren Deutschlands auf die Bahnen gesetzt. Das 4. Feldartillerieregiment wird zuvor erwartet. Einzelne Abteilungen – so eine Maschinengewehrabteilung – sind bereits angekommen. Offizielle Empfänge haben jedoch noch nicht stattgefunden. Die Ankunft von geschlossenen Truppenteilen wird in der Stadt rechtzeitig bekannt gegeben werden. Gestern Abend um 8 Uhr kam das Rekrutendepot 8 des 4. Feld-ArtillerieRegiments am hiesigen Bahnhof an.
Uns geht noch folgender Aufruf zu:
Der Vollzugsausschuß und der Ehrungsausschuß der beiden städt. Kollegien haben beschlossen, die in geschlossenen Formationen heimkehrenden Truppen in gebührender Weise zu ehren. Zu diesem Zweck ist ein Kredit bis zu 50 000 M. bereitgestellt worden. Es ist beabsichtigt, die Ausschmückung der Straßen und verschiedener Gebäude (Rathaus, Ludwigsbau, Bahnhof, Schule in der Hallstraße, Kasernen, Stadttheater), dann eine Bewirtung der Truppen im Ludwigsbau. Auch Theatervorstellungen sind vorgesehen. An die Kino- und Varietébesitzer wird das Ersuchen gestellt, für die heimkehrenden Krieger unentgeltliche Vorstellungen zu veranstalten. Die Bürgerschaft wird gebeten, eine allgemeine Beflaggung durchzuführen. […] Es darf wohl erwartet werden, dass auch der Aufruf des Arbeiterund Soldatenrates zur Spendung von Kostenbeiträgen williges Gehör finden wird. Die heimkehrenden Truppen sollen das Gefühl haben, dass die Herzen der Augsburger ihnen warm entgegenschlagen und dass sie aufrichtig willkommen sind in der Heimat, die sie durch ihren Heldenmut während vier schweren Kriegsjahren vor feindlichem Einfall bewahrten.