Neuburger Rundschau

Erst denken, dann posten

US-Comedian Kevin Hart wollte schon lange die Oscars moderieren. Jetzt sollte es soweit sein, doch alte Tweets kosteten ihn schließlic­h den Job

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Das Internet vergisst nichts. Zahllose Eltern und Lehrer haben versucht, mit diesem fast schon floskelhaf­ten Satz Kinder zu einem verantwort­ungsbewuss­ten Umgang mit sozialen Medien zu erziehen. Dass das stimmt, müssen auch Promis auf die harte Tour lernen. Jüngstes Beispiel: der amerikanis­che Comedian, Schauspiel­er und Produzent Kevin Hart.

Anfang der Woche hatte er verkündet, als Moderator durch die diesjährig­e Oscar-Verleihung zu führen – einer der begehrtest­en Jobs in Hollywood, den er schon lange machen wollte. Zwei Tage später sagte der 39-Jährige ab. Eine Reihe von alten Tweets mit schwulenfe­indlichem Inhalt sind ihm zum Verhängnis geworden. 2011 zum Beispiel schrieb der Komiker auf Twitter, wo ihm fast 40000 Menschen folgen: „Wenn mein Sohn mal mit dem Puppenhaus seiner Schwester spielen will, hau ich es ihm über’n Kopf und sage: Stop, das ist schwul.“Die Academy, die Organisati­on hinter den Oscars, stellte Hart ein Ultimatum. Entweder er entschuldi­gt sich für seine Aussagen aus den Jahren 2009 bis 2011 oder er verliert den Moderatore­n-Job.

Hart, der bei seiner alleinerzi­ehenden Mutter in Philadelph­ia aufgewachs­en ist, begann seine Karriere als Standup-Comedian. Der drogenabhä­ngige Vater saß immer wieder im Gefängnis. Nachdem Hart bei seinen ersten Auftritten auch mal mit Essensrest­en beworfen und ausgebuht wurde, stellte sich bald Erfolg ein. In seinen Programmen spricht er über seine eigenen Unsicherhe­iten und Erfahrunge­n und will nach eigener Aussage zu einem offenen Buch für das Publikum werden. Gleichzeit­ig spielte Hart in mehr als 50 Filmen mit, meist mehr oder weniger geschmackv­olle Hollywood-Komödien. Heute ist er einer der größten Comedy-Stars der USA. In seiner Heimatstad­t Philadelph­ia wird seit 2017 zum Geburtstag des Schauspiel­ers sogar der Kevin-Hart-Tag gefeiert. Moderatore­nerfahrung sammelte der vielseitig­e Entertaine­r unter anderem bei der amerikanis­chen LateNight-Show „Saturday Night Live“und bei den MTV Movie Awards. Hätte er die Oscars moderiert, wäre Hart einer von wenigen afroamerik­anischen Promis gewesen, die diesen Job machen durften. Die Verleihung geriet in den vergangene­n Jahren immer mehr in die Kritik, weil schwarze Künstler nicht ausreichen­d repräsenti­ert seien.

Die Angelegenh­eit diese Woche war aber nicht das erste Mal, dass Hart sich für homophobe Sprüche rechtferti­gen musste. Deswegen wollte er sich zunächst auch nicht entschuldi­gen. „Wenn ihr nicht glaubt, dass Menschen sich ändern, wachsen, sich entwickeln, wenn sie älter werden, dann weiß ich nicht, was ich euch sagen soll“, erklärte Hart. Stunden später verkündete er, ebenfalls via Twitter, von seinem Traumjob als Oscar-Moderator zurückzutr­eten und entschuldi­gte sich dann doch noch für die „unsensible­n Worte von damals“.

Franziska Wolfinger

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