Weihnachten
Hat man je gehört, dass es faschingt, ostert oder pfingstet? Frühlingt und sommert?
Umso bemerkenswerter ist die in diesen Tagen inflationär auftretende Wendung: Es weihnachtet, nahezu reflexhaft ergänzt um ein „sehr“. Wir sind im Advent, aber niemand lässt sich vernehmen: Ich muss euch sagen, es adventet sehr. Allgegenwärtig aber weihnachtet es – sehr.
Der Duden spricht von einem schwachen Verb, in der Bedeutung: „Auf Weihnachten zugehen [und eine weihnachtliche Atmosphäre verbreiten].“Liegt es an der besonders langen Strecke, an dem mit Erwartungen überladenen Weg, dass den Wochen vor Weihnachten ein eigenes Zugangsverb zugestanden wird? Jedenfalls ist es nicht die Regel, dass ein Vorspiel mit einem Tätigkeitswort bedacht ist. Nicht einmal Kinder, die ihre Geburtstage kaum erwarten können, sagen: Es geburtstagt sehr.
Doch dieses schwache Verb mit starker Verbreitung wird gerne herangezogen. Unüberschaubar sind die Belegstellen. Von „Hilfe,
Es weihnachtet auch in Wackersdorf
es weihnachtet! Was Männer an Weihnachten nervt“über „Es weihnachtet sehr in Osnabrück“und „Es weihnachtet in den Museen“bis hin zur Variante „Es weihnachtet mehr.“Und natürlich: „Es weihnachtet auch in Wackersdorf“sowie im Bierkönig auf Mallorca. Es weihnachtet drinnen und draußen.
Merke: Das unbestimmte Pronomen „es“, das eine Art Walten und Wesen meint, steckt hinter den Umtrieben. Es ist eine höhere Macht, die so arg weihnachtet. Er weihnachtet? Sie weihnachtet? Ihr weihnachtet? Nichts da. Für das Weihnachten an sich lässt sich kein konkreter Urheber verantwortlich machen. Es kommt vielmehr über uns, es weihnachtet so, wie es dämmert oder müffelt.
Wenn es weihnachtet, wirkt eine kollektive Zwangsläufigkeit. Wir sind dem Prozess des Weihnachtens ausgesetzt wie dem Wetter, wenn es windet. Erweitern wir den Wortschatz: Wenn es nach dem Fest zwischenjahrt, kommt bald Silvester und man wird sich damit abfinden, wie sehr es dann wieder vorsätzt.