Stille Nacht
Wer singt eigentlich noch traditionelle Weihnachtslieder? Sterben sie möglicherweise aus? Was ein Liedforscher über „Last Christmas“und „O Tannenbaum“sagt
John: Ja, klar. Aber man muss auch sehen: Weihnachten ist ein zutiefst christliches Fest, deshalb ist die Kirche mit ihrem Umfeld dafür erst einmal der sozusagen natürliche Ort. Gleichzeitig gibt es beispielsweise das öffentliche Adventssingen – an unterschiedlichsten Orten. Auch in Schulen, in Kindergärten, sogar im Bereich der Straßenmusik werden viele Weihnachtslieder gesungen – auch zu Hause im privaten Raum.
Weniger als früher?
John: Vermutlich deutlich weniger als früher, weil heute insgesamt weniger Hausmusik gemacht wird. In welchem Ausmaß das noch stattfindet, lässt sich aber schwer sagen – genauso schwer beispielsweise, wie häufig Menschen beim Autofahren singen. Aber auch dort werden vermutlich Weihnachtslieder gesungen.
Sterben die traditionellen aus?
John: Nein, auf gar keinen Fall. Viele der bekanntesten Weihnachtslieder sind ja traditionelle Weihnachtslieder. „Stille Nacht“hat dieses Jahr 200. Jubiläum. Auch „O Tannenbaum“stammt aus dem 19. Jahrhundert. Das war übrigens ursprünglich eine Liebesklage.
Ja?
John: Ein Mann klagt über ein Mädelein, das untreu ist – im Unterschied zum Tannenbaum, der immer grüne Blätter hat. Wie jede Tradition erneuert sich auch die der Weihnachtslieder. Manche verschwinden, manche bleiben, neue kommen dazu. So ist „In der Weihnachtsbäckerei“von Rolf Zuckowski ein relativ junges Weihnachtslied, das aber schon ein eminent beliebtes Lied geworden ist. Gut möglich, dass es das Potenzial hat, längerfristig in den Kanon populärer Weihnachtslieder einzugehen.