Neuburger Rundschau

Blinddarme­ntzündung bei Kindern: Wann operieren?

Die Erkrankung ist nicht nur schmerzhaf­t. Sie kann auch lebensgefä­hrlich sein

- Sabine Meuter, dpa

Von jetzt auf gleich sind sie da: Bauchschme­rzen, die mit der Zeit stärker werden. Um den Bauchnabel oder in der Magengegen­d herum geht es los. Von dort wandern die Schmerzen in Richtung des rechten Unterbauch­s. Dem Kind vergeht der Appetit, vielleicht bekommt es Fieber, erbricht sich oder es wirkt schlapp. Sehen Eltern solche Symptome, sollten sie ihr Kind bald zum Kinderarzt oder in eine Klinik fahren. Denn Auslöser solcher Beschwerde­n könnte eine Blinddarme­ntzündung sein.

So ganz korrekt ist die Bezeichnun­g eigentlich nicht. Nicht der Blinddarm entzündet sich, sondern sein kleiner Wurmfortsa­tz, die Appendix. Ärzte sprechen daher von einer Appendizit­is, der Wurmfortsa­tzentzündu­ng. Treffen kann sie Menschen in jedem Alter. Häufig kommt sie allerdings bei Kindern und Jugendlich­en vor. Wie genau es zu der Entzündung kommt, ist unklar. Oft sind es im Wurmfortsa­tz feststecke­nde Kotreste, dessen Bakterien sich vermehren und Entzündung­en auslösen.

Da Bauchschme­rzen viele Ursachen haben können, ist es gar nicht so einfach, eine Appendizit­is zu erkennen. „Wenn Betroffene nicht oder nur unter deutlichen Schmerzen in der Lage sind, das rechte Bein auszustrec­ken oder anzuheben oder damit zu hüpfen, dann ist eine Appendizit­is sehr wahrschein­lich“, sagt der Düsseldorf­er Kinder- und Jugendarzt Hermann Josef Kahl.

Für die Diagnose kommt neben der klinischen Untersuchu­ng und der Kontrolle der Entzündung­swerte im Blut auch eine Ultraschal­luntersuch­ung infrage. „Eine akute Appendizit­is kann so mit einer Wahrschein­lichkeit von 90 Prozent diagnostiz­iert werden“, sagt Prof. Bernd Tillig, Chefarzt der Klinik für Kinderchir­urgie am Vivantes Klinikum Neukölln in Berlin. Betroffene Kinder müssen nicht immer sofort operiert werden. Bei unkomplizi­erten Entzündung­en des Wurmfortsa­tzes könnte man es oft auch erst mal mit Antibiotik­a versuchen, sagt Tillig. Ins Krankenhau­s müssen sie trotzdem, denn die Antibiotik­a-therapie sollte in den ersten drei Tagen als Infusion direkt ins Blut erfolgen. So wirken Antibiotik­a schneller.

Eine Antibiotik­a-therapie wird von Kinderchir­urgen nur dann befürworte­t, wenn möglichst sicher die Diagnose „unkomplizi­erte Appendizit­is“gestellt wurde. Liegt eine schwere Entzündung vor, muss nach wie vor operiert werden. Zeigt sich nach drei Tagen Antibiotik­abehandlun­g im Ultraschal­l und in den Laborbefun­den eine klare Besserung, dann kann das Kind die Einnahme der Antibiotik­a zu Hause fortsetzen. Ist die Entzündung nach wie vor vorhanden oder hat sie sich gar ausgebreit­et, dann muss der Wurmfortsa­tz raus.

Die große Sorge ist, dass bei einem weiteren Abwarten der Blinddarm durchbrech­en könnte. „Durchbrech­en“bedeutet, dass die entzündete Darmwand einreißt. Dann gelangen neben Kot und Eiter auch infektiöse Bakterien in den Bauchraum. Schlimmste­nfalls droht eine gefährlich­e Bauchfelle­ntzündung. Die OP erfolgt heute meist mittels „Schlüssell­ochchirurg­ie“(Laparoskop­ie). Da die Wunden sehr klein sind, halten sich auch die Schmerzen nach der Operation in Grenzen.

 ?? Foto: Bodo Marks, dpa ?? Die Blinddarme­ntzündung ist im Kindesund Jugendlich­enalter häufiger als im Erwachsene­nalter.
Foto: Bodo Marks, dpa Die Blinddarme­ntzündung ist im Kindesund Jugendlich­enalter häufiger als im Erwachsene­nalter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany