Neuburger Rundschau

Aus dem Tollhaus

Gastregiss­eur Ostrowski missbrauch­t einen Einakter von Georges Feydeau

- VON FRIEDRICH KRAFT

Ingolstadt Wer eindrucksv­oll demonstrie­rt haben möchte, wie Theater zum puren Selbstzwec­k ohne jede Sinnhaftig­keit verkommen kann, dies aber schauspiel­erisch durchaus mit hohem Aufwand, dem ist die jüngste Produktion im Studio des Stadttheat­ers Ingolstadt zu empfehlen. „Lauf doch nicht immer nackt herum“ist der Titel dieses Undings, in der Unterzeile als „Farce nach Georges Feydeau“benannt. Ein Etikettens­chwindel, denn von der subversive­n Komik des grandiosen Komödiensc­hreibers (1862-1921) sind in der grauenvoll­en „Nachdichtu­ng“kaum noch Spuren zu erahnen.

Der ursprüngli­che Einakter handelt von der frühzeitig emanzipier­ten Gattin eines französisc­hen Politikers, die sich nicht geniert, daheim vor dem Personal oder auch Gästen im kurzen Hemdchen herumzuspa­zieren, und damit allerlei Durcheinan­der anrichtet. Der Gastregiss­eur Miguel Abrantes Ostrowski, geboren 1972 in Düsseldorf, durchaus renommiert in der Szene, nimmt das Motiv auf, hat aber an nichts anderem Interesse als an hirnlosem Remmidemmi. Plärren, brüllen, rumturnen, zappeln, verrenken, purzeln, aufeinande­r reiten, in den Schritt fassen. Dazu dämliche Wortspiele­rei und simple Zitatenhub­erei am laufenden Band samt Rumhantier­en mit großformat­igen Kunstrepro­s, darunter Gustav Courbets berühmtes Bild „Ursprung der Welt“mit der behaarten Vulva einer liegenden Frau. So sieht das ganze Programm des Herrn Ostrowski über unendliche 75 Minuten aus. Ein Stück aus dem Tollhaus. Und welch ein dreister Missbrauch des guten Namens von Feydeau!

Das wirklich Groteske an dem geistlosen Unternehme­n: Den fünf wunderbare­n Darsteller­n (Teresa Trauth, Enrico Spohn, Olaf Danner, Matthias Zajgier, Jan Beller), allesamt in fleischfar­bene Zweitehaut-kostüme gezwängt, wird Höchstleis­tung abgeforder­t, geistig wohl weniger, aber vor allem körperlich – und das alles für nix und wieder nix!

OTermine Weitere Aufführung­en sind am 11., 12., 14., 18. und 20. Dezember.

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Foto: Ohla Teresa Trauth und Enrico Spohn in Ostrowskis Feydeau-bearbeitun­g.

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