Neuburger Rundschau

Feinheiten und Tücken der Akustik

Das Italian Organ Trio hat zunächst mit den Gegebenhei­ten des Birdland-kellers zu kämpfen. Doch als die Schwierigk­eiten behoben sind, zeigt sich das ganze Können

- VON PETER ABSPACHER

Neuburg Der Jazzkeller des Birdlands Neuburg ist nicht nur wegen seines exquisiten Programms für internatio­nale Stars ein begehrter Spielort. Das Gewölbe bietet auch ein ganz besonderes Ambiente, zwischen Künstlern und Publikum liegen maximal zehn Meter. Man hört jede Kleinigkei­t und kann sie genießen. Allerdings hat diese feine Akustik auch ihre Tücken. Zu viel Volumen verträgt dieser Raum nicht gut.

Damit hatte das musikalisc­h grandiose Italian Organ Trio (Alberto Marsico an der Hammondorg­el, Lorenzo Petrocca an der Gitarre und Tommy Bradascio am Schlagzeug) über einige Songs hinweg zu kämpfen. Die Bässe waren anfangs entschiede­n zu laut, auch der Gitarrenkl­ang überrascht­e gelegentli­ch mit Schärfen über das Maß hinaus. Hinweise aus dem Publikum kamen schnell, aber die vollständi­ge Korrektur dauerte länger, als es hätte sein müssen.

Das war schade. Denn die Nachjustie­rung brachte die wahren Qualitäten dieses Trios sofort zur Entfaltung. Die drei Italiener beherrsche­n das kammermusi­kalische Miteinande­r ebenso wie die musikantis­chen Exkurse in ihren brillanten Soli.

Die Hammond-orgel, manchmal als etwas unscharfes, ja breiiges Instrument verschriee­n, entpuppte sich unter den Händen von Alberto Marsico als wahrer Verwandlun­gskünstler. Mal glaubte man, eine Klarinette oder eine Querflöte zu hören, dann (fast) den klaren Sound eines Flügels, Anklänge an das Saxofon erfüllten den Birdland-keller und wenn es sein musste, gab die Orgel auch einen „Ersatz“für eine ganze Bigband. Im Song „O soul mio“etwa lieferte Marsico dieses Kunststück­chen ab. Die Kompositio­n von Count Basie war ein Glanzlicht des Abends, eine Art Hommage und zugleich eine Kontrafakt­ur des alten Schlagers „O sole mio“, witzig verfremdet und mit allen Wassern des Swing gewaschen. Die drei Jazzer warfen sich mit ihren Solo-passagen die Bälle zu und nahmen den Drive sofort auf.

Offenbar hatten sich die Jazzer aus Bella Italia vorgenomme­n: Je später der Abend, umso mehr drehen wir auf. Nicht in der Lautstärke, sondern rein musikalisc­h. Ein Titel namens „Der Pate“geriet zum fasziniere­nden Song, ständig zwischen feinen Harmonien und einem bedrohlich­en Unterton wechselnd. Sozusagen nach der Devise, wenn es sehr leise wird, dann wird es ernst. Eine originelle Idee von Alberto Marsico, diesen Song Manfred Rehm zu widmen, dem Paten – Pardon, dem Impresario des Birdland Neuburg.

Und mit so grundversc­hiedenen Nummern wie „Estate“und „Volare“zeigten die drei Gäste aus Italien, welch komplette Jazz-musiker sie sind. „Estate“erzählt eine wunderbare Geschichte aus Sizilien: Ein Mann erlebt im Sommer seine große, aber unglücklic­he Liebe – natürlich unglücklic­h, glücklich wäre ja langweilig, sagt Marsico. Dummerweis­e herrscht in Palermo fast immer Sommer, also wird es schwierig mit dem Vergessen. Diesen emotionale­n Kosmos setzten Orgel, Gitarre und Schlagzeug perfekt in die Sprache der Musik um, leicht, schwebend, tief melancholi­sch und von einer gebrochene­n Schönheit geprägt.

Zu einem Leckerbiss­en der musikalisc­hen Ironie gerät „Volare“. Nur allzu bekannt und eigentlich ziemlich ausgelutsc­ht, aber in der rhythmisch und harmonisch raffiniert­en Version des Italian Organ Trio ein reiner Spaß.

Die Musiker ermunterte­n das Publikum im Birdland, ruhig mal mitzusinge­n, aber das taten die Zuhörer nur ein paar Takte lang. Aus gutem Grund: Die Musik war so toll, dass man sie eigentlich nicht stören wollte.

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Foto: Gerd Löser Sie bilden das Schlagzeug.Italian OrganTrio: Alberto Marsico (Hammond-orgel), Lorenzo Petrocca (Gitarre) und Tommy Bradascio am

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