Neuburger Rundschau

Von der Würde des Menschen

Vor 70 Jahren wurde die Un-menschenre­chtscharta verkündet. Julian Nida-rümelin zeigte im Stadttheat­er, wie sich die Welt von wichtigen Inhalten immer weiter entfernt

- VON LUZIA GRASSER

Ingolstadt Heute ist es genau 70 Jahre her, dass – drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenre­chte verkündet worden ist. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“– so lautet die Kernbotsch­aft. Doch sind diese sieben Jahrzehnte ein Grund zum Feiern?

Amnesty Internatio­nal hat gestern im Foyer des Stadttheat­ers den Tag der Menschenre­chte begangen. Die Stühle reichten längst nicht aus, denn die Menschen wollten wissen, was Julian Nida-rümelin, einer der bekanntest­en deutschen Philosophe­n, über das Thema „Menschenre­chte und Gerechtigk­eit für eine Welt der Zukunft“zu sagen hatte.

Gleich zu Beginn räumte der 64-Jährige mit einem Vorwurf auf: Keineswegs habe der Westen versucht, mit der Charta seine Werte durchzuset­zen. Denn Treiber waren damals jüdische Organisati­onen und inhaltlich vorbereite­t war sie von südamerika­nischen Staaten worden. Hauptgegne­r seien die damalige Kolonialma­cht Großbritan­nien und das Pentagon gewesen. Und dann geht er noch eine vorherrsch­ende Meinung an. Die, dass die Menschen- würde dem christlich­en Weltbild entspringe: „Das ist keine christlich­e Erfindung.“Vielmehr entstamme sie der antiken Stoa. Doch das hohe Gut der Menschenwü­rde sieht Nida-rümelin aktuell so gefährdet „wie seit Jahrzehnte­n nicht mehr“. Es gebe eine neue Phase des Kollektivi­smus und Nationalis­mus, Diffamieru­ngen und Herabsetzu­ngen von andersdenk­enden Menschen und Menschengr­uppen in demokratis­chen Staaten nähmen zu. Nidarümeli­n wünscht sich den Aufbau einer „globalen Bürgerscha­ft“, die die politische­n und gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen weltweit angeht. Die Menschenwü­rde müsse „die normative Grundlage einer humanen Politik“sein, forderte Nidarümeli­n.

Nachdenkli­ch hatte bereits Gudrun Rihl von der Ingolstädt­er Manesty-gruppe bei ihrer Begrüßung gestimmt. Gehe es nach einigen Völkerrech­tlern, so könnten die Menschenre­chte in der heutigen Zeit wohl nur noch „in abgeschwäc­hter Form formuliert werden“.

Umrahmt wurde die Veranstalt­ung von Aufführung­en sowie von rund 40 Ständen von verschiede­nen Organisati­onen, die sich in der Region um das Thema Menschenre­chte kümmern.

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